Sprödental 60 Jahre Kirmes: Ein Leben für den Rummel

Cracau · Die 82-jährige Lieselotte Römgens sitzt seit 1959 im Kassenhäuschen des Kinderkarussells Disneyland.

 Lieselotte Römgens an ihrem geliebten Arbeitsplatz am Kinderkarussell.

Lieselotte Römgens an ihrem geliebten Arbeitsplatz am Kinderkarussell.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Der Schausteller-Beruf liegt der Familie Römgens im Blut. Bei eingeheirateten Frauen ist das naturgemäß nicht so, aber sie werden schnell infiziert. So ist es auch Lieselotte Römgens ergangen. Kaum hatte sie ihren Erich geheiratet, da saß sie auch schon an der Kasse des Kinderkarussells. Das ist jetzt genau 60 Jahre her. Die 82-Jährige findet: „Die Arbeit macht Spaß und hält fit.“ Dafür ist sie selbst der beste Beweis.

Die Familie blickt mit ihrem Krefelder Unternehmen auch noch auf weitere große Daten. „So betreibe ich mit meinem Bruder Peter das Unternehmen in der siebten Generation“, erzählt Tochter Ute Römgens, die Vorsitzende des Schausteller-Verbandes Krefeld ist. „Unsere Familie stand 1924 – also vor 95 Jahren - bereits auf der ersten Sprödental-Kirmes. Wir sind bis heute geblieben. Das gibt es nicht noch einmal.“

Mit Nostalgie kann heute
kein Kind mehr gelockt werden

Lieselotte lernte Ernst Römgens – wie könnte es anders sein – bei einem Volksfest kennen. „Es war die 700-Jahr-Feier der Stadt Uerdingen 1955“, erinnert sie sich. „Es gab die Kirmes auf dem Historischen Markt und ein Festzelt Am Röttgen. Er hat mich zum Tanz aufgefordert.“ Der zukünftige Ehemann hatte nach dem Besuch des Fichte-Gymnasiums eigentlich den Beruf des Speditionskaufmannes gelernt. Doch dann schlug die Schausteller-Seele durch.

„Die Eltern besaßen damals den Blinker. Das war ein Kasten mit aufgemalten Spielkarten. Die Besucher mussten raten, welche Farbe als nächstes aufleuchtete.“ Doch das junge Paar hat sich schnell selbstständig gemacht: „Wir konnten ein Kinderkarussell übernehmen und den Stellplatz gleich dazu.“ Es habe ihr sofort Spaß gemacht. Vor allem wenn die Kinderaugen nach der Fahrt geleuchtet haben. Es ist längst nicht mehr das Fahrgeschäft von anno dazumal. „Mit Nostalgie können wir heute kein Kind mehr locken“, erzählt die Senior-Chefin. „Wir sind immer auf dem neuesten Stand mit Autos, Fliegern und Pferden auf drei Ebenen. ,Disneyland` heißt das zehn mal zehn Meter große Karussell. Donald Duck schaut vom Dach auf die Mädchen und Jungen herab.“

Lieselotte und Erich Römgens haben stets nur die Jahrmärkte in der Region besucht, so dass sie abends bei den fünf Kindern sein und diese stets in die gleiche Schule gehen konnten. „Mutter und Tanten – alle haben geholfen und tagsüber auf die Schar aufgepasst. Wir hatten immer unseren festen Wohnsitz.“

Gemeinsam mit Tochter Ute und Sohn Peter, der maßgeblich den Auf- und Abbau steuert, existiert die Römgens GbR. Die Tochter betreibt noch „Die kleine Kneipe“ und ist im Winter mit einem Imbiss auf dem Kölner Weihnachtsmarkt vertreten. „Ich habe lange überlegt, was ich machen wollte und habe eine kaufmännische Ausbildung begonnen. Dann wollte ich einfach auf die Kirmes“, berichtet Ute Römgens. „Ich bin als Kind sehr gerne selbst auf dem Karussell gefahren, immer auf dem Pferd“, sagt sie und lacht. „Heute habe ich alle Fahrgeschäfte einmal ausprobiert. Das ist genug.“

Auf die Krefelder Kirmes freuen sich beide immer, zumal sie die Kollegen hier besonders gut kennen. Und wenn die Tochter an der Kasse sitzt und alle Besucher fragen, „Wo ist denn Ihre Mutter?“, dann ist diese vielleicht mit Jack Russel „Sherry“ spazieren. Kurze Zeit später sitzt sie wieder an der Kasse von „Disneyland“, hupt und startet zur nächsten Runde. Alle sind glücklich – nicht zuletzt Lieselotte Römgens.

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