Wie Linn zu Krefeld kam

Die Seidenstadt brauchte Platz für neue krisensichere Industrie. Dazu baute sie den Hafen.

Krefeld-Linn. Zum 110. Mal jährt sich am 9. April die Eingemeindung Linns nach K(C)refeld. Hintergrund der freundlichen „Landnahme“: 1887 wurde Krefeld durch den ständigen Zuzug von Arbeitskräften aus dem Umland und durch die Geburt des 100.000. Bürgers zur Großstadt. Nach und nach gelang es, die krisenanfällige Seidenindustrie durch Ansiedlung anderer Industrien zu stabilisieren. Damit drängte Krefeld an den Rhein, wo es für die Firmen und den Transport der Güter bessere Möglichkeiten gab. So kam es zur Eingemeindung von Linn (1901) und zum Bau des Rheinhafens (1906), der ursprünglich Ausgangspunkt eines Kanals bis zur Maas werden sollte. Zum Zeitpunkt der Eingemeindung wohnten in Linn 2200 Bürger, heute sind es 7000.

Die Eingemeindung nach Krefeld und der Ausbau des Rheinhafens haben die weitere Entwicklung von Linn entscheidend beeinflusst. 1910/11 bekam der Hafen eine Hafenbahn. Danach siedelten sich in Linn insbesondere um den Hafen verschiedene Industriebetriebe an. Bedeutendste Ansiedlungen im Hafen waren: Dreiring-Werke (1905), Schamottefabrik Stoecker & Konz (1906), Guano Düngemittelwerke (1910), Stahlwerk Becker (1917-1945), Brand Purina Kraftfutterwerk (1925), Deutsche Maizena-Werke als größte europäische Maisstärkefabrik (1954, später Cerestar, heute Cargill).

Zwischen 1950 und 1954 baute Philips das Werk in Linn auf rund 15 Hektar nordwestlich der Königsberger Straße. Ab 1951 wurde der Fernseher TD1410U, der legendäre „Starenkasten“, ein Schwarz-weiß-Tischgerät gebaut. Zu Spitzenzeiten waren bei Philips 3250 Menschen beschäftigt. Neben der Fernseh- kam später noch die Produktion von Faxgeräten, Videorecordern und Camcordern hinzu. 1996/97 zog sich Philips aus Linn zurück. Die TRW Fahrzeugsysteme siedeln sich 1993 mit 500 Beschäftigten im Hafen an.

Im Jahr 1930 wurde vom damaligen Oberbürgermeister Dr. Johansen das Heimatmuseum in Linn eröffnet. Linn wurde in beiden Weltkriegen von der Zerstörung weitgehend verschont. Der historische Stadtkern steht heute fast vollständig unter Denkmalschutz.

Bei der Erweiterung des Linner Hafens 1971-1978 wurden die Überreste einer alten römischen Kaianlage und auch drei mittelalterliche Schiffe unter dem Schwemmsand gefunden. Die Kähne wurden in einer Notgrabung gerettet. Einer der Kähne stammt aus karolingischer Zeit und wurde zunächst mehrere Jahrzehnte in einer Konservierungslösung aufbewahrt. Heute ist der Kahn in einer eigens dafür errichteten Halle im Niederrheinmuseum des Museumszentrums Burg Linn zu besichtigen.

Im Jahr 1981 wird am Linner Andreasmarkt das „Deutsche Textilmuseum“ eröffnet, das über einen Bestand von mehr als 16.000 Objekten verfügt. Ein Jahr später erhält das Museumszentrum Burg Linn mit der „Museumsscheune“ einen neuen Veranstaltungsraum.

Auf dem Margaretenplatz werden 1989 die Fundamente der alten Pfarrkirche ausgegraben, gesichert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 1990 findet Linn Aufnahme in die „Arbeitsgemeinschaft historischer Stadtkerne“ und erhält daher Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln, mit denen die Sanierung des Burgstädtchens weiter vorangetrieben wird. 1993 erhält die Burg wieder Steildächer und den weithin sichtbaren, aber umstrittenen Turmhelm auf dem Bergfried.

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