Weihnachten 2019 Wie „Jesus“ auf einen 2000 Jahre alten Krug kam

Krefeld · Die Sonderausstellung „Abenteuer Großgrabung“ in Linn lässt erahnen, wie es in der Zeit von Christi Geburt auf dem Gebiet des heutigen Krefelds aussah.

 Etwa so sah es in Linn vor 2019 Jahren aus: Einzelne Gehöfte und eine vom Menschen geprägte Kulturlandschaft sind auf diesem Wandbild im Archäologischen Museum u sehen.

Etwa so sah es in Linn vor 2019 Jahren aus: Einzelne Gehöfte und eine vom Menschen geprägte Kulturlandschaft sind auf diesem Wandbild im Archäologischen Museum u sehen.

Foto: Bischof/Andreas Bischof

Das kleine Zier-Relief auf dem Krug zeigt Maria mit dem Jesus-Kind auf dem Arm. Das erscheint vielen Besuchern der aktuellen Sonderausstellung „Abenteuer Großgrabung“ im Archäologischen Museum Burg Linn beim Blick in die Vitrine schon auf Anhieb völlig klar zu sein. Und auch das Rentier auf kunstvoller Metallspange (Fibel) ist in der Nachbarvitrine gut zu erkennen. Doch wie kann das sein? Der Krug stammt aus dem 1. oder sehr frühen 2. Jahrhundert. Weihnachten als kirchliches Fest ist aber erst 336 nach Christus überhaupt erstmals urkundlich belegt. Jennifer Morscheiser, Leiterin des Museums, und Stadtarchäologe Hans-Peter Schletter können das Rätsel lösen.

Mensch und Tier lebten
unter einem Dach

Wir schreiben das Jahr Null. Das Gebiet des heutigen Krefelds ist eine dünn besiedelte, offene Kulturlandschaft, gar nicht so unähnlich den Bildern, die man vom Geburtsort Jesus im Kopf hat – wenngleich das Wetter niederrhein-typisch schlechter gewesen sein dürfte. Es gibt kleine Weide-Flächen und Wälder, zwischendrin einzelne Dörfer und Bauernhöfe in Form von sogenannten Wohnstallhäusern, bei denen Mensch und Tier unter einem Dach leben.

Wer die Ausstellung im Museum betritt, kann auf einer großen Illustration auf der rechten Seite einen Eindruck bekommen. Hirten auf dem Feld, die wie im Lukas-Evangelium beschrieben nachts bei ihrer Herde wachen, gab es wohl auch – wobei es sich bei den Tieren weniger um Schafe als um Rinder gehandelt haben dürfte: „Bei den Ausgrabungen haben wir etliche Rinderknochen gefunden“, berichtet Schletter

Anders als im biblischen Judäa zeigten die Römer zu dieser Zeit im Gebiet des heutigen Krefelds noch keine starke Präsenz. Schon seit den Zeiten von Julius Cäsar zogen sie zwar durchs Land, in den Jahren 13/12 vor Christus gab es zudem eine Rheinoffensive unter Kaiser Augustus. Doch das Militärlager bei einem ubischen Dorf (die Ubier waren ein westgermanischer Stamm) im Bogen des Mühlenbachzuflusses in den Rhein wurde erst 69 nach Christus errichtet. In der Nachbarschaft entstand später das Kastell Gelduba (heute: Gellep). Unter dem Statthalter Agrippa war wenige Jahre vor Christi Geburt allerdings ein Straßennetz in der Region angelegt worden. Und 9 nach Christus finden bei der Varusschlacht viele Römer den Tod.

An was glaubten die Menschen in dieser Zeit? „Die Römer hatten eine hohe Toleranz in Religionsfragen“, berichtet Morscheiser. Die „Krefelder“ glaubten vor 2019 Jahren an keltische und germanische Götter. Oft waren es Matronen, also Muttergottheiten, die verehrt wurden. Vermutlich mit den Römern kamen zudem Gottheiten aus anderen Regionen ins Land. So war der Mithraskult im ganzen Römischen Reich verbreitet und war insbesondere in den Grenzprovinzen und nicht zuletzt bei den Legionären selbst sehr populär. Versprach er doch eine Belohnung für die Mühen und Gefahren des täglichen Lebens nach dem Tod – ein Motiv, das später auch im Christentum wieder auftaucht.

Das Kind im Arm hat
eine Rassel in der Hand

Aus Ägypten stammte die Isis-Verkehrung. Sie ist die Göttin der Geburt, der Wiedergeburt und des Todes. Isis wird oft mit dem kleinen Horusknaben dargestellt – so auch auf dem Krug, der bei den oben genannten Ausgrabungen in Gellep gefunden wurde. „Wer genau hinschaut, kann erkennen, dass das Kind eine Rassel in der Hand hält“, berichtet Morscheiser. Jesus aber wird nie spielend dargestellt – womit klar ist, dass es sich hier gar nicht um eine Darstellung der Jungfrau Maria mit Kind handeln kann.

Auch das „Rentier“ auf dem Schmuckstück hat mit Weihnachten leider nichts zu tun. „Dabei handelt es sich wohl um einen Hirsch“, bedauert Jennifer Morscheiser. Ebenso war ein Ende 2017 gefundener „Tannenbaum“ auf einer Fibel kein wirklicher Weihnachtsfund. Allerdings haben schon die Germanen Tannenzweige zur Wintersonnenwende an öffentlichen Orten und vor ihren Häusern platziert. Und an der Wintersonnenwende orientierte sich dann später auch das Datum des Weihnachtsfestes.

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