Stefan Sczesniok: Der verschwiegene Frisör

Nach 38 Jahren schließt Stefan Sczesniok am Mittwoch seinen Salon im alten Stadtbad.

Krefeld-Mitte. Mittwoch ist es vorbei. Unwiederbringlich. Gegen 13 Uhr schließt Stefan Sczesniok an Silvester zum letzten Mal die Tür seines Frisörsalons im alten Stadtbad an der Neusser Straße hinter sich zu. Nach 38 Jahren endet hier die Ära von "Barbier Stephan", dem wohl bekanntesten Frisör der Krefelder Innenstadt. Ein trauriger Moment für den 65-Jährigen, wie er selbst einräumt: "Ich will keine große Abschiedsparty, weil ich nicht in der Stimmung sein werde, um zu feiern."

Generationen von Krefeldern hat Stefan Sczesniok gestylt, geschoren und zurechtgemacht. Egal ob Politiker, Künstler, Sportler oder einfacher Bürger, willkommen war ihm, der jeden Kunden duzt, jeder: "Erst meine Kunden haben den Laden zum Kult gemacht. Allein hätte ich das nicht geschafft."

Wer den Salon im Stadtbad betritt, der fühlt sich zurückversetzt in die 1950er Jahre: Braune Holzvertäfelung, drei rote Frisierstühle mit dicker Lederpolsterung, an den Wänden ein Sammelsurium von Ansichtskarten, Karikaturen, Fotografien und allerlei kitschigen Devotionalien. "Das haben alles meine Kunden zusammengetragen, im Prinzip haben sie den Salon gestaltet", weist Sczesniok die Verantwortung für das urwüchsige, aber gemütliche Ambiente weit von sich.

Neben dem Kurzhaarschnitt für Männer und Frauen war die fachmännische Rasur lange Jahre ein Markenzeichen von Stefan Sczesniok, der damit seiner Bezeichnung als "Barbier" gerecht wurde. "Das mache ich aber schon seit langem nicht mehr. Die Leute haben einfach keine Zeit mehr und für eine gründliche Rasur braucht man Zeit."

Seine große Popularität hat "Barbier Stephan" seiner Verschwiegenheit zu verdanken. Zahllose Anekdoten, Geschichten und Skurrilitäten hat er erzählt bekommen oder aufgeschnappt, ausgeplaudert hat er bei weitem nicht alles. "Alles hören, viel erzählen, aber keine Namen", mit diesem Berufsethos ist er jahrzehntelang gut gefahren. Ganz nebenbei ist er auch als Kuppler tätig geworden, manch ein Ehepaar hat sich in seinem Laden kennen gelernt. "Ich habe versucht, eine Beziehung zu meinen Kunden aufzubauen, eine familiäre Atmosphäre zu schaffen", erklärt er sein Erfolgsrezept.

Eigentlich ist es reiner Zufall, dass Sczesniok derart lange hier geblieben ist. Als er den Laden Anfang der 1970er übernahm, sollte dieser nur als Sprungbrett für ein größeres Geschäft dienen. Dass er nie weggegangen ist, kann er sich selbst nicht erklären: "Ich bin aber froh, hier geblieben zu sein. Auch ohne größeren Laden bin ich sehr glücklich geworden." Er hat sie noch miterlebt, die florierenden Jahre des Stadtbads. In den 70er Jahren standen die Leute Schlange vor der Tür, was auch seinem Frisörladen zu Gute kam: "Damals kam sehr viel Laufkundschaft, dazu habe ich auch schon mal ein Haar-Shampoo oder ein Paar Badelatschen verkauft." Mit der Schließung des Stadtbads vor sechs Jahren war diese Zeit vorbei, zuletzt kamen nur noch treue Stammkunden. Mit dem Ruhestand von Stefan Sczesniok hat auch für das kleine Ladenlokal im Stadtbad das letzte Stündlein geschlagen, es wird trotz einiger Anfragen potenzieller Nachfolger nicht mehr vermietet.

Zukünftig soll die Familie den Lebensmittelpunkt von Stefan Sczesniok bilden, der viel Zeit mit seiner kleinen Enkelin verbringen will. Nebenher möchte er mit seiner Ehefrau den Niederrhein per Fahrrad erkunden. "Da habe ich einiges nachzuholen. In den ersten 15 Jahren habe ich keinen Tag Urlaub gemacht."

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