Norbert und Sascha Kalwa: Zwei Standpunkte, eine Familie

Hier der Thyssen-Betriebrat — dort der Jung-Unternehmer. Norbert und Sascha Kalwa erzählen, warum sie sich dennoch in vielen Fragen einig sind.

Lindental. So ganz abgefunden hat sich Norbert Kalwa noch nicht mit den Wegen, die sein Sohn Sascha (24) eingeschlagen hat. Hier der Sozialdemokrat, IG Metaller und Thyssen-Betriebsrat, dort der CDU-Funktionär und Jungunternehmer. Funkstille? Beide schütteln den Kopf. Sohn Sascha: „Mein Vater ist mir in vielen Dingen immer noch ein Vorbild.“ Vater Norbert: „Ich musste mich damit anfreunden, dass er andere Wege geht.“

Man sieht es ihm aber dennoch an, dass er sich manchmal gerne die Haare über diese Entwicklung raufen würde. „Als ich das erste Mal Post von der Jungen Union im Briefkasten fand, dachte ich, was geht eigentlich vor in deinem Haus? Was hast du bloß falsch gemacht?“ Mit 16 trat Sascha der Jugendorganisation der Christdemokraten bei. Aber nicht spontan.

„Ich habe mich bei den Jusos umgesehen, aber das war eher ein Freizeitclub. Einen Blick habe ich auch auf die Grünen geworfen. Das war aber auch nichts für mich.“

Der frühere Schülersprecher der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule stand vor der Frage, wohin will er, wo er mit wem das Meiste verändern kann. „Bei der JU habe ich mich gleich wohl gefühlt und auch das Angebot an vielen interessanten Veranstaltungen hat mich angesprochen.“ 2004, bei der Beach-Party am Elfrather See, ist er schließlich eingetreten. Auch in die CDU, bei der er seit zwei Jahren im Vorstand sitzt.

Dort, so Sascha Kalwa, sei Ratsherr Hans-Josef Ruhland sein „politischer Ziehvater“ geworden. „er gibt mir viele gute Ratschläge, ohne mich aber in meiner eigenen Entscheidung einzuengen.“ Trotzdem bleibe ihm sein Vater „der beste Freund oder Bruder.“ Der trauert noch ein wenig. Alles sei gerichtet gewesen für die berufliche Karriere seines Sohnes bei Thyssen. Ausbildung als Schlosser, Gewerkschaft, Jugendvertretung, Betriebsrat. Sascha aber entschied sich anders. Er machte zuerst eine Ausbildung als Hotelkaufmann. Danach baute er mit Partner Philip Torger seine heutige Firma P&S Accessoires an der Magdeburger Straße auf. Entgegen dem Mainstream werden hier auf 200 Quadratmetern mit feinster italienischer Seide Krawatten und Schals in edlem Design per Hand gefertigt.

„Unternehmerisches Talent hat er schon mit sechs Jahren unter Beweis gestellt“, erzählt Vater Norbert. Damals habe er am Formerweg in Lindental (wo beide übrigens noch heute unter einem Dach wohnen) einen schwunghaften Handel mit Walnüssen vom Baum des Nachbarn betrieben. 3,50 Mark nahm Sascha Kalwa pro Kilo dafür. Damit stockte der kleine Kalwa sein Taschengeld beträchtlich auf.

Aber auch die soziale Ader seines Filius sei bereits im Kinderhort aufgefallen. Der Vater: „Er hat immer zwei belegte Brote mitgenommen. Normalerweise reichte eines. Bis die Erzieherinnen uns darauf aufmerksam machten, dass er das Brot immer mit einem russischen Aussiedlerkind teilte, das meist gar nichts in der Brotdose hatte.“

Wichtig sei, so der Träger des Bundesverdienstkreuzes, nicht unbedingt der Weg, sondern das Ziel. Und darin seien sie sich einig: „Wir wollen beide etwas für unsere Stadt tun. Für die Stadt und ihre Menschen.“

Für Norbert Kalwa sind dies die Sicherung der Arbeitsplätze bei Thyssen und das Stahldorfer Jugendzentrum „Stahlnetz“. Für seinen Sohn die Interessen der Jugendlichen der Stadt im weitesten Sinne und seine hochwertigen Waren, die er in der Samt- und Seiden-Tradition der Stadt herstellt.

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