Florenz stand Pate für den Krefelder Südwall

Denkmalpflege: Die Renovierung eines Hauses erfordert Fingerspitzengefühl. Doch es lohnt sich.

Krefeld. Der Süden soll schöner, farbiger und gepflegter werden. Mit Hilfe eines Fassadenwettbewerbs, über dessen Durchführung die Stadt in den nächsten Wochen entscheiden wird (die WZ berichtete). Einige Eigentümer von Häusern auf dem Südwall haben bereits von sich aus mit Unterstützung der Denkmalpflege die Fronten neu gestaltet. Zu diesen Häusern hat Veit Berroth von der Krefelder Denkmalpflege die WZ mit Freuden geführt. Sein Kommentar: "Ich bin froh, dass hier endlich etwas passiert."

Das einstige Stammhaus der Möbelfirma "In der Elst" am Südwall 37-39 erstrahlt in neuer Farbe. Die Fassade leuchtet in Sandstein-Rot. "Diese Doppelhaus-Bebauung aus dem Jahr 1870 gehört zu den prägenden Elementen der vier Wälle", erzählt Berroth. Lange Zeit fristete dieses unter Denkmalschutz stehende Ensemble ein kümmerliches Schattendasein. Umso erfreulicher sei es deshalb gewesen, als der Hauseigentümer sich wegen einer Renovierung mit der Denkmalpflege in Verbindung gesetzt habe.

Die ursprünglich geplante knallige Farbe für die Fassade konnte Berroth ihm ausreden. "Früher gab es schließlich keine grellen Farben", lautet seine Begründung. Dafür aber pastellige Töne. Bei klassischem Klassizismus schwärmt er von dezentem Weiß oder erdigen Tönen wie Grau, Ocker oder sandfarbend.

Berroth dreht sich um und zeigt als gelungenes Beispiel dafür auf das gegenüberliegende Haus Nr. 40. Die Fassade ziert ein helles Grau, die Leibung der Fenster erstrahlt in klarem Weiß und deren Bekleidung, ein schmaler Rahmen, hebt sich ab in Anthrazit. "Diese graue Farbgebung ist nicht trist, sondern wirkt edel", lautet das Urteil des Fachmanns.

Eine gute Fassadengestaltung sei eine Herausforderung für den Malermeister und den Hausherrn. Lernen könne man von den alten Meistern und ihren Maltechniken: "Tiefe entsteht durch den Einsatz dunkler Farben für die Ferne und heller Farben im Vordergrund." Das sei das Einmaleins des räumlichen Sehens und Baumeister hätten das jahrhundertelang bei der Fassadengestaltung berücksichtigt.

So sehr sich Berroth auch über die Renovierung der einstigen "In der Elst"-Häuser freut, das schönste Objekt auf dem Südwall ist für ihn das weiß gestrichene Haus Nr. 55. Gemeinsam mit dem Zwillingshaus Nr. 57 in zartem Rosa wirke es wie ein italienischer Palazzo.

Mit viel Liebe zum Detail hat der Architekt Gerd Leyers im Auftrag des neuen Eigentümers das Haus Nr. 55 mehr als anderthalb Jahre saniert. Die alten Holzfenster sind mit dünnen Iso-Scheiben versehen, die doppelflügelige hölzerne Eingangstür ist komplett auseinander und wieder zusammengesetzt worden und im Eingangsbereich liegen noch heute wie vor mehr als 100 Jahren Mettlacher Mosaikplatten von Villeroy & Boch, die damals als Zeichen des bürgerlichen Wohlstands in vielen Krefelder Häusern verlegt wurden.

Doch der Clou für Berroth sind die wieder freigelegten aufwendigen Stuckarbeiten in den Räumen. Vor allem die Illusionsmalerei auf Gips, die eine kunstvoll geschnitzte Holzdecke dem Auge vorgaukelt. "Das ist kein Katalogstuck", betont er. Der einstige Bauherr soll extra nach Florenz gefahren sein, um sich Vorbilder für die Motive auszusuchen. Deshalb kommt Berroths Vergleich mit einem italienischen Palazzo auch nicht von ungefähr. Nur der Name des Bauherrens ist der Denkmalpflege nicht bekannt. "Vielleicht weiß den ja noch ein alter Krefelder?", rätselt er.

Doch auch ein längerer Blick auf die komplett erhaltene südliche Häuserzeile zwischen Breite Straße und Westwall lohnt sich: "Dies ist ein Beispiel für Krefelds einstigen Wohlstand, denn diese Bauweise war damals nichts anderes als Mietskasernenbau." Heute stehen die Häuser zum größten Teil unter Denkmalschutz und sind in Kombination mit den vier Wällen Kleinode architektonischer Stadtgeschichte. Berroth: "An diesen Stellen ist Krefelds Süden schon schöner geworden."

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