Eckkneipe Paulus-Klause Treffpunkt für Nachbarn, Eierfrauen, Karaoke-Fans und Klebstoff-Opfer

Christina Schwirtz-Lindner ist seit zehn Jahren Wirtin der Eckkneipe Paulus-Klause am Moritzplatz. Nun will sie mehr: umbauen, ausbauen, täglich Häppchen anbieten.

Eckkneipe Paulus-Klause: Treffpunkt für Nachbarn, Eierfrauen, Karaoke-Fans und Klebstoff-Opfer
Foto: Bischof

Inrath. „Du hast doch Klebstoff auf den Stühlen“ — das ist eines der Lieblingskomplimente, die Christina Schwirtz-Lindner von ihren Gästen hört. Wenn jemand, der „nur mal eben“ für ein Getränk in ihre Paulus-Klause am Moritzplatz gekommen sei, eine Stündchen oder länger bleibe, hat sie ihr Ziel erreicht. „Ich möchte den Leuten den Alltag verschönern, sie einen stressigen Arbeitstag vergessen lassen“, sagt die 51-Jährige, die viele Krefelder aus ihrer Zeit als Karnevalsprinzessin im vergangenen Jahr kennen.

Vor mittlerweile zehn Jahren hat sie die Eckkneipe übernommen. Ein langjähriger Traum, der sich erfüllte. „Als Kellnerin habe ich immer schon gedacht, ich möchte auch mal ein eigenes Lokal zu haben.“ Mit 21 Jahren hatte sie angefangen zu kellnern — beispielsweise in Petras Bistro, der Gaststätte zum Hochfeld oder dem Forstwalder Krug. „Immer nebenberuflich, immer auch an den Wochenenden“, erzählt die Mutter zweier Söhne (21 und 26 Jahre), die Textilverkäuferin in der „Boutique im Hochhaus“ an der Hafelsstraße gelernt und dort auch einige Zeit gearbeitet hat und danach unter anderem als Kassiererin in einem Baumarkt in Oppum beschäftigt war.

Vor einem Jahrzehnt kam eines zum anderen. Sie zog mit ihrem Mann an die Inrather Straße, in der Paulus-Klause wurde gerade die Pacht frei und man machte ihr ein „günstiges Angebot zum Kennenlernen“. Das hat sie nun ausreichend getan und die Eckkneipe weiterentwickelt. Mit dem Wort „Eckkneipe“ habe sie dabei überhaupt kein Problem. „Es ist nun mal kein Speiselokal, kein Restaurant.“ Ein bisschen soll es das nun aber werden.

Denn Schwirtz-Lindner will das Lokal modernisieren und ausbauen. „Ich möchte es gerne für noch mehr Leute attraktiver machen“, sagt die Inratherin, die sich dank ihres Biergartens trotz Rauchverbots behauptet hat, aber einräumt, dass es seitdem „schwerer geworden ist“.

Mit Brauereien verhandelt sie gerade übers Sponsoring für eine neue Theke. Mit dem neuen Besitzer des Hauses, in dem es auch noch einige Mietwohnungen gibt, möchte sie gerne gemeinsam die Finanzierung für eine Küche stemmen. Bisher gibt es eine Kochplatte und einen kleinen Ofen, aber auch nicht viel mehr. Wenn die Wirtin bisher ihre Karnevals-, Oldie-, Karaoke-, Nikolausgrill- oder Silvesterpartys organisiert hat, wurde das Büfett an anderer Stelle zubereitet. Oft schiebt sie einfach ihren Gasgrill in den Biergarten, um mal etwas zu essen anzubieten. Auch mal ganz spontan, wenn jemand über Hunger klagt.

„Da hab ich auch mal eine Gruppe zum Discounter geschickt, sie könnten sich kaufen und grillen, was sie wollen“, erinnert sie sich schmunzelnd. Gelegentlich arbeitete sie auch mit den Pächtern des „Haus Sieburg“ eine Ecke weiter, zusammen, die ihr dann etwas zubereiteten. Aber die Gaststätte ist geschlossen, die Pächter umgezogen, das Haus wird abgerissen.

In Zukunft möchte Schwirtz-Lindner auf jeden Fall gerne eine kleine Speisekarte anbieten, gutbürgerliche Gerichte, Eintöpfe, vielleicht auch Frühstück bieten und würde sich dafür selbst in die Küche stellen. Sie will ihren Gästen etwas mehr bieten. „Im direkten Umfeld gibt es sonst ja nun auch nichts anderes.“ Und die Vorlieben haben sich geändert. So wie das Publikum in den vergangenen zehn Jahren.

„Früher, so hat man es mir erzählt, saßen hier zusammen 40 Jahre Zuchthaus an der Theke.“ Heute kommen Dart-Turnier-Spieler, Polizisten für die Weihnachtsfeier, Gruppen aus der Pauluskirche oder Senioren aus St. Anna, ein Frauenstammtisch, für deren Mitglieder sie alle zwei Wochen palettenweise Eier beim Bauern holt, die sich die Damen dann bei ihr abholen und zu Plauderrunde und Getränk verweilen — bei Schwirtz-Lindner treffen sich viele verschiedene Menschen. Nachbarn schauen vorbei oder Rentner kommen aus dem nahen Seniorenheim die Straße hoch.

Letztere räumen dann auch gleich mit dem Vorurteil auf, in einer Eckkneipe säßen die Gäste meist über Bier und Schnaps. „Die trinken wegen ihrer Tabletten sowieso nur Kaffee oder Wasser“, sagt sie schmunzelnd. Die Kaffeemaschine hinter dem Tresen sei insgesamt morgens und nachmittags immer gut ausgelastet. Wenn sie in der Früh aufschließe, wären schnell 20 Kaffeetrinker im Schankraum. „Das ist eine richtige kleine Gesellschaft, die quatschen ein bisschen, erzählen sich hier von ihrem Wochenende, statt zu Hause alleine Kaffee zu trinken.“ Und auch durch die Straßenbahnhaltestelle fast vor ihrer Tür gebe es immer wieder neue Gäste, die nur etwas trinken und sich aufwärmen wollten und dann Stammgäste werden.

Wer bei ihr Stammgast ist, der sei mehr als ein Kunde, berichtet sie. „In den zehn Jahre haben sich viele Freundschaften entwickelt.“ Man hilft sich gegenseitig aus. Sie besucht „ihre“ Senioren im Heim am Wilmendyk oder Stammgäste in der Klinik, wenn sie ins Krankenhaus müssen. Manchmal wird auch für jemanden, der nicht mobil ist, mit eingekauft.

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