Nachbarn: Ein Biotop markiert die Grundstücksgrenze

Zwei Familien leben seit 35 Jahren ohne eine sichtbare Gartenabgrenzung friedlich nebeneinander. Ihr gemeinsames Hobby: die Pflanzen. Nachmittags wird Kaffee getrunken.

Hüls. Die Gesprächsthemen gehen ihnen nie aus: Der Garten, ihre Fahrradtouren, die jüngsten Hülser Neuigkeiten und zwischendrin auch immer wieder das gemeinsame Biotop bieten genug Stoff für viele, viele gemeinsame Nachmittage und Abende.

Dazu gibt’s ein Tässchen Kaffee und ein Stückchen Kuchen, und schon sind die Nachbarn Heinrich-Joseph und Marlene van Vlodrop sowie Alfons und Brigitte Beck in ihrem Element.

Für ihre spontanen Treffen war ihnen der Weg über die Straße zu lang - den Zaun zwischen ihren beiden Gärten haben sie deswegen vor 35 Jahren abgerissen. Stattdessen ziert ein gemeinsames Biotop die Gartengrenze, ein großer Stein dient als Brücke. Auch Kater Mickey nutzt ihn gerne, der von den Becks zu den van Vlodrops und umgekehrt tingelt.

Wie die Idee für das gemeinsame Biotop aufkam, weiß niemand mehr: "Wir haben wie immer miteinander geplaudert und auf einmal war der Einfall da", erinnert sich der 71-jährige Alfons Beck.

Aber schließlich sei das auch schon über 30 Jahre her. "Die Männer haben gemeinsam gebuddelt, die Frauen haben die Pflanzen versorgt." Das Loch wurde stolze 90 Zentimeter tief und sechs Meter lang.

Heute treiben Seerosen auf dem klaren Wasser. Hechtkraut, Wollgras und Weiderich strecken ihre Blätter dem Himmel entgegen. Auch die zarten Sumpfdottern, die Lieblingspflanzen von Heinrich-Joseph Vlodrop (73), haben begonnen zu blühen.

Es duftet intensiv nach Flieder. Mohn, Pfingstrose und Clematis zaubern Farbtupfer in den Garten am Mommenpesch 33 - genau wie eine Hausnummer weiter.

Heinrich-Joseph ist für das Rasen mähen "zuständig", Brigitte Beck und Marlene van Vlodrop jäten zusammen Unkraut. "Wir geben uns gegenseitig Gärtner-Tipps", erklärt Marlene van Vlodrop (71) das üppige Wachstum in den beiden Gärten.

Die 63-jährige Brigitte Beck ist Floristin und kennt sich bestens mit Samenkörnern und Blättern aus. Auch die Ehemänner tauschen sich aus, beide arbeiteten früher im Maschinenbau. Jetzt sind die gemeinsam angeschafften Hand- und Elektropumpen ihr Hobby.

Das freundschaftliche Verhältnis hat am Mommenpesch Tradition: Zwei Mal jährlich wird ein großes Straßengrillfest gefeiert. Die Frauen veranstalteten Pulli-Strick-Abende, die Männer Skat-Treffen.

"Insgesamt feiern wir regelmäßig mit etwa 30 Nachbarn", erzählt van Vlodrop. Das Heimweh seiner Frau nach Bockum, als sie vor fast 40 Jahren nach Hüls zogen, verging in dieser Umgebung rasch.

Jetzt freuen sich die beiden Familien auf den Sommer, wenn die Sauerkirschen der Becks reifen. "Dann gibt es Kirschkuchen und Marmelade", schwärmt Brigitte Beck. Natürlich wird beides geteilt. Und dazu gibt es ein Tässchen Kaffee. Wie immer.

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