Krefeld Hülser sind fassungslos und traurig

Krefeld. Die Nachricht verbreitet sich schnell. Überall in Hüls hat man es schon gehört: Die drei Kinder, die in der Nacht zu Montag aus einem Fenster stürzten, sind außer Lebensgefahr.

Karin Hasters blickt von ihrem Balkon aus auf den Bereich vor ihrem Haus, wo sich die Familientragödie abgespielt hat.

Karin Hasters blickt von ihrem Balkon aus auf den Bereich vor ihrem Haus, wo sich die Familientragödie abgespielt hat.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

„Es ist die erste gute Nachricht, seitdem das hier passiert ist“, sagt ein Mann, der an der Klever Straße auf einen Reisebus wartet. Ob er erleichtert sei, kann der Mann nicht sagen, er würde die ganze Tat bis heute nicht verstehen. Auch Karin Hasters ist weiterhin fassungslos.

„Dass sowas überhaupt passiert, kann ich nicht begreifen. Dass die Tat sogar vor unserer Haustüre geschehen ist, fühlt sich unwirklich an“, sagt sie, als sie von ihrem Balkon aus auf die gegenüberliegende Straßenseite blickt. Dorthin, wo in der Nacht zu Montag gegen 4.45 Uhr fünf Rettungswagen und drei Notärzte die schwer verletzten Kinder notversorgten. Von den dramatischen Rettungsszenen bekommt Karin Hasters jedoch nichts mit. „Unser Schlafzimmer liegt zur rückwärtigen Seite raus, deshalb haben wir von den Rettungsmaßnahmen vor Ort nicht viel mitbekommen.

Wahrscheinlich ist das auch besser so“, sagt sie. Die Tat zu verarbeiten, fällt ihr schwer — wie so vielen in Hüls. „Ich habe mich noch nicht getraut, an die Giebelseite des Hauses zu gehen“, gibt sie ihre Angst vor dem Blick auf das Fenster zu, aus dem die Kinder stürzten.

Anderen fällt das nicht so schwer. Nahezu aus jedem Auto dreht sich vor dem Abbiegen in die Tönisberger Straße oder der Durchfahrt auf die Klever Straße der Kopf des Fahrers zu der Stelle, an der Menschen am Montagabend oder gestern Vormittag Kerzen, Blumen und einen Teddybären abgelegt haben, um ihre Anteilnahme an dem tragischen Unglück auszudrücken. Wer vor Ort ist, merkt deutlich, wie bedrückt die in der unmittelbaren Nachbarschaft lebenden Menschen noch immer sind.

Viele versuchen, durch Gespräche das Erlebte zu verarbeiten. „Wir haben im Haus gestern und heute alle darüber gesprochen, was passiert ist“, sagt Karin Hasters und ergänzt: „Das hilft!“ Trotzdem stellen sich eigentlich alle in Hüls nur eine Frage: Wie konnte es zu dieser Tragödie kommen? Viel wird spekuliert, einiges zusammengetragen. Doch ob sich aus dieser Flut an Informationen am Ende ein Gesamtbild ergibt, bleibt nach den derzeitigen Erkenntnissen von Staatsanwaltschaft und Polizei fraglich.

Denn wie der ermittelnde Staatsanwalt Thomas Pelka gestern mitteilt, hat ein Fachgutachten ergeben, dass die Mutter, die verdächtigt wird, ihre Kinder bewusst aus dem Fenster gestoßen zu haben, nach Erkenntnissen eines Psychologen an einer psychiatrischen Erkrankung leidet.

„Möglicherweise war sie zur Tatzeit nicht voll oder gar nicht schuldfähig“, erklärt er. Zu den Hintergründen der Tat soll sie weiterhin keine Angaben gemacht haben. Der ebenfalls befragte Vater stehe unter Schock, teilt Pelka mit.

„Schlimm sind solche Erkrankungen“, sagt ein Mann, der an der Klever Straße unterwegs ist. „Ich kann mir schon vorstellen, dass es Situationen gibt, in denen Menschen keinen anderen Ausweg mehr sehen, als sich und andere umzubringen“, fügt er an. „Ich habe selber ein Kind und bin deshalb besonders betroffen. “, berichtet Beate Czichon. Wie ihr geht es vielen Menschen in Hüls. „Hier kennt doch jeder jeden, es ist unbegreiflich, dass sowas bei uns passiert ist“, sagt sie.

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