Erinnerungen: Keine Gnade für den Priester

Weil er für seinen Glauben eintrat, wurde der Geistliche Reinhold Friedrich zum Opfer des NS-Regimes — seine Tante erinnert an ihn.

Krefeld-Hüls. Die Worte an die Mutter im letzten Brief vor der angekündigten Deportation lassen den Leser erschauern. „Ich gehe mit Gott. Darum macht Euch keine Sorgen. Jetzt beginne ich erst recht, ganz Priester zu sein.“ Die Wörter „ganz Priester“ hat Reinhold Friedrich, der gebürtige Hülser, unterstrichen. Der Tag seiner Deportation in das Konzentrationslager Sachsenhausen jährt sich am 8. März zum 70. Mal. Den Originalbrief aus dem „Priester-Block“ hütet seine Tante Maria Drenk auf der Klever Straße bis heute wie ihren Augapfel.

Reinhold Friedrichs wurde 1886 in Hüls geboren. Das Gymnasium besuchte er in Kempen, sein Theologie-Studium absolvierte er in Münster. Dort erfolgte auch seine Priesterweihe. „Er hat sich besonders um die Jugendlichen gekümmert und deren Vertrauen gewonnen“, erzählt die 86-jährige Drenk. „Später wurde er Religionslehrer an den Berufsschulen in Münster und Polizei-Oberpfarrer.“

Doch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wird sein Aufgabengebiet drastisch eingeschränkt. Ab 1935 darf er nicht mehr Religionslehrer sein. Einer der Gründe: Er hatte gefordert, Baldur von Schirach, den Nazi-Pädagogen und Reichsjugendführer im Dritten Reich, abzusetzen. Maria Drenk besuchte damals das Mädchenpensionat in Münster. „Die Gestapo stand auch vor meiner Tür“, sagt sie.

Friedrich versucht vergebens, eine Wiedereinstellung zu erreichen. Als der engagierte Priester bald keine Aufgabengebiete mehr besitzt, geht er nach Recklinghausen-Essel und predigt dort sechsmal am Tag. Seine Kirche füllt sich zusehends. Nicht nur mit Gläubigen. „Schreiben Sie ruhig mit“, fordert der unerschrockene Geistliche die Spitzel von der Kanzel herab auf. Das konnte nicht lange gutgehen.

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