Serie „Was muss man in diesem Sommer getan haben“: Einmal immer westwärts in Fischeln

„Was muss man in diesem Sommer getan haben“, fragt die WZ in den Sommerferien. Reiner Schütt vom Bürgerverein rät zu einem Spaziergang zum Japanischen Garten im Europark Fichtenhain.

Fischeln. Natürlich gebe es viele schöne Ecken in Fischeln, erklärt der Vorsitzende des Bürgervereins auf die Frage, „was der Krefelder denn im Sommer im Stadtteil getan haben muss“. „Aber spazieren Sie doch einfach mal ab der Willicher Straße Richtung Westen bis zum Japanischen Garten bei der Firma Okuma, statt nach Osten durch das Fischelner Bruch“, schlägt er vor. „Klar, mach das“, sagt auch der Kollege, der aus Fischeln stammt. „Schätze, das sind höchstens 15 Minuten Fußweg.“ Sind es nicht, aber davon später mehr. Jetzt heißt es: Auf nach Fischeln!

Schummeln gilt nicht. Darum parkt der Abenteurer den Wagen wie vorgeschlagen an der Willicher Straße. Der Platz hält bereits die erste Überraschung parat: eine stattliche Kastanie, deren Früchte selbst Dreijährige pflücken können, ohne sich auf die Zehenspitzen stellen zu müssen.

Doch der Spaziergänger hat kein Auge für den majestätischen Baum. Er hat die Orientierung verloren und steht vor dem ersten Problem: „Wo ist Westen?“ Mangels besserer Alternativen geht’s der Sonne entgegen, die ja bekanntlich im Westen untergeht, und deshalb links in den Hanninxweg und noch einmal links und auf den Schotterweg, der durch die Felder führt.

Schön ist es dort: Rechts und links des Weges blüht es gelb und orange, dort wächst Disteliges, da Mannshohes. „Ja, das ist der Westen“, denkt sich der Spaziergänger, als sich fünf Krähen auf dem Feld lauthals um einen Regenwurm zanken. Und: „Wo sind die Cowboys“, als er eine Weide, auf der archaische Hochlandrinder grasen, passiert. Und: „Hach, wie niedlich“ , als das Kalb, das vorwurfsvoll unter seinen Stirnfransen hervorlugt, ihm ein lautes, gar nicht damenhaftes, „Mööh“ mit auf den Weg gibt.

An einer Wegkreuzung weist ein Kompass auf dem Dach eines Bauernhofs den Weg. Doch der Pfad endet abrupt vor einem Zaun. Dahinter: Bäume, Bäume, Bäume. Drüberklettern ist unmöglich, also biegt der Wanderer links ab — und versinkt knöcheltief im Matsch. Aber Lucky Luke hat schließlich auch nie schlappgemacht. Die Mühe zahlt sich aus: Irgendwann findet sich eine Lücke im Zaun. Im Wald dringt die Sonne kaum durch das Blätterdach. Der Boden fühlt sich unter den Füßen angenehm weich an, die Bäume schlucken jedes Geräusch. Einmal tief aus- und einatmen. Wunderbar.

Ein wenig enttäuscht ist der Spaziergänger dann doch, als der Wald ihn wieder ausspuckt und er sich mitten in der Zivilisation, sprich auf der Anrather Straße wiederfindet. Doch von dort aus sind es nur noch ein paar Meter zum Unternehmen Okuma im Europark Fichtenhain.

Jetzt gilt es nur noch, den Japanischen Garten zu finden. Der Spaziergänger mustert die Beete vor dem Firmengebäude. Und fühlt sich wie der Galeriebesucher, der nicht weiß, ob die Badewanne nun zur Ausstellung gehört oder nur beim letztem Sperrmüll liegen geblieben ist. Sind das jetzt nur drei Büsche, um die sich ein paar Rosen ranken oder ist das bereits der Japanische Garten? Die Antwort findet sich hinter dem Firmenhaus. Plätschernde Brunnen, Stege aus Findlingen, die übers Wasser führen, Blumen, deren langen Stängel sich im Wind wiegen. Schön. Der Spaziergänger ist angekommen und schaut zum ersten Mal auf die Uhr: Eine Dreiviertel Stunde war er unterwegs. Aber, da hat der Kollege recht, gefühlt waren es höchstens 15 Minuten.

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