Krefelderin fotografiert im fernen Kaukasus

Die Arzttochter Julie Hau hat in New York City den Bildjournalismus gelernt. Manchmal führt ihr Weg in eine andere Welt.

Krefeld. Der Weg von New York City nach Suchumi ist ein weiter. Am schnellsten noch geht es in den Kaukasus via Moskau. Dort kann man sich entscheiden: Nimmt man den (maroden) russischen Inlandsflieger zunächst bis Sotschi am Schwarzen Meer oder die sicherere und für Kontaktbildung geradezu ideale Eisenbahn? Julie Hau und ihr Freund, der kalifornische Fotograf Jason Andrew entschieden sich für die Bahn. Andrews hat sich auf Dokumentationen von Staaten, die nicht von den Vereinten Nationen anerkannt sind, spezialisiert.

Drei Tage später waren sie in Sotschi, das die Olympischen Winterspiele 2014 austragen will, und fuhren ’rüber nach Suchumi, der Hauptstadt Abchrasiens, jener nicht anerkannten Kaukasus-Republik. Zwei Wochen recherchierten und fotografierten Julie und Jason in Abchasien, hatten den Termin um den Unabhängigkeitstag (30.September) gelegt.

Julie und Jason machten aber zwischen NYC und Moskau noch einen Verwandtenbesuch in Krefeld, genauer: in Fischeln. Dort lebt und arbeitet die Familie Hau, der Vater als Orthopäde an der Kölner Straße. Vor ein paar Tagen war die 28-jährige Fotografin wieder in Krefeld, seit Wochenbeginn ist sie wieder "daheim" in New York. Aus Kostengründen wohnt sie nun nicht mehr in Manhattan, sondern in Brooklyn.

Julie Hau besuchte die Süd-Schule in Fischeln und das Arndt-Gymnasium. 2002 begann sie eine Fotografen-Lehre beim früheren Krefelder WZ-Fotografen Michael Ricks, der vor Jahren auf das Werbe- und Industrie-Geschäft umgestiegen ist. Firmensitz heute: Neukirchen-Vluyn. 2005 bestand "meine Lieblingsschülerin" (Zitat Ricks) die Prüfung, machte sich mit einer so genannten "Ich-AG" selbstständig, die wie die meisten ins Nichts führten. Aber Julie Hau entdeckte das "International Center Of Photography" (ICP) an der Ecke 6. und 43. Straße in Manhattan.

Ein Jahr lang büffelte sie mit den anderen Schülern Foto-Dokumentation und -Journalismus. Der Stoff für drei Jahre wird beim ICP in zwölf Monate gepackt. Nun hat sie das Zertifikat und die ersten kleinen Aufträge. Sie fotografierte bei der Amtseinführung Obamas in Washington D.C. den Kult drumherum, die größte Hundeschau der Welt, die "Westminster Kennelang Dog Show" im Madison Square Garden, wo schon die Beatles spielten.

Sie dokumentierte Hunde-Nachwuchs in einem Tierheim, in dem am Ende nur der Tod steht, weil keiner diese Kreaturen haben will. Sie entdeckte eine Pigment-Fabrik in New York, in der wie vor 100 Jahren gematscht wird und in vieler Hinsicht bezeichnend für die vielfach rückständige amerikanische Industrie ist. Sie muss reden, Vertrauen schaffen für ihre Arbeit, sie muss dabei möglichst unauffällig bleiben. Das beherrscht Julie Hau sehr gut. Im Sommer ist sie wieder in Krefeld. Und dann? "Man kann noch die Meisterprüfung machen", orakelt sie, "muss man aber nicht. Ein Job wäre besser."

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