Kästner-Schule: Unterricht in Selbstvertrauen

Die Erich-Kästner-Schule fördert im Modellprojekt Kinder aus sozial schwachen Familien beim Weg zurück in die Regelschule.

Krefeld. Die Lehrer der Erich-Kästner-Förderschule haben wohl einen der schwierigsten Erziehungsjobs in Krefeld: "Für unsere rund 100 Schüler sind wir die letzte Durchgangsstation auf dem Weg zurück zur Regelschule", sagt Schulleiterin Claudia Kohlstedt. Denn die Schüler kommen von anderen Schulen oft als sozial schwierige Fälle, um in individueller Betreuung wieder aufgebaut zu werden. "Dabei liegt der Intelligenzquotient der Schüler sogar leicht über dem Durchschnitt", räumt die Leiterin der Förderschule für Erziehungshilfe mit einem Vorurteil auf. Vielmehr seien die Probleme der Schüler überwiegend in ihrem sozialen Umfeld zu suchen, wo Bezugspersonen fehlen, die sich um sie kümmern. Das äußere sich u.a. in Form von fehlender Kleidung, ungeregelten Mahlzeiten, mangelnder Betreuung oder Zuneigung.

Um den vielfältigen inner- und außerschulischen Betreuungsaufgaben Herr zu werden, haben Schulleitung und Kollegium beschlossen, sich am Modellprojekt "Selbstständige Schule" zu beteiligen. "Wir haben den Mut gehabt, etwas Neues auszuprobieren, und sind dafür auch belohnt worden", sagt Kohlstedt. Geeignete Fachlehrer waren zwar nicht auf dem Markt, dafür wurde jedoch kompetentes nichtlehrendes Personal für diverse Projekte befristet eingestellt. Von den zwei Sozialpädagogen habe einer so erfolgreich mit Schulschwänzern gearbeitet, dass die Fehlzeiten stark zurückgegangen sind. Eine Ergotherapeutin ist für das Erkennen von Wahrnehmungsstörungen aller Art verantwortlich und fördert die Motorik. Eine Ärztin stellt in Abstimmung mit den Eltern bei Bedarf Kontakt zu Kinderärzten, Psychologen und Therapeuten her. Und ein Künstler fördert die Kreativität der Schüler und entwickelt ihre handwerklichen Fähigkeiten weiter - auch als Vorbereitung auf einen Handwerksberuf.

Eine weitere Maßnahme ist fester Bestandteil des Förderprogramms: die Kooperation mit der Jugendwerkstatt Fichtenhain und dem Fachbereich Grünflächen sowie mit vielen kleineren Betrieben, die den Schülern Praktika anbieten. Dort erwerben sie handwerkliche Fertigkeiten, zum Beispiel in Gärtnereien, Kfz-Betrieben oder Einzelhandelsgeschäften. Ziel ist, sich in der Praxis zu bewähren und möglichst eine Lehrstelle zu bekommen.

"Der Erfolg all dieser Maßnahmen", erläutert die Schulleiterin, "zeigt sich unter anderem daran, dass zehn der insgesamt 100 Schüler innerhalb des letzten Jahres die Rückkehr an eine Grund- oder Hauptschule geschafft haben". Dies sei ein überdurchschnittlich hoher Wert. Die Schulleiterin betreut mit ihrem 15-köpfigen Kollegium zehn verschiedene, jahrgangsübergreifende Klassen mit elf bis 13 Schülern: "Sieben Schüler wären optimal." Dazu müsse man wissen, dass Teamarbeit kaum möglich sei.

Einzigartig: Als einzigartiges Kooperationsmodell in NRW unterhält der Krefelder Fachbereich Jugend eine Außenstelle direkt in einer Schule - der Erich-Kästner- Schule. Die mit 2,5 Stellen besetzte Außenstelle arbeitet seit 1997 vor Ort, ist direkter Ansprechpartner für Lehrer, Schüler und deren Eltern und stellt bei Bedarf Kontakt zu psychologischen und pädagogischen Diensten her. "Wir sind voll des Lobes über die für alle Seiten nutzbringende Zusammenarbeit", so Schulleiterin Claudia Kohlstedt.

Kontakt: Die Erich-Kästner-Schule ist die einzige Förderschule in Krefeld mit zehn jahrgangsübergreifenden Klassen. Gegründet 1994, Schulleiterin Claudia Kohlstedt. Die Schule hat rund 100 Schüler, 16 Lehrer (inkl. Teilzeit). Adresse: Kölner Straße 285, Ruf: 39 33 01. Mail: [email protected]

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