Die Brauereivilla und der Außenminister

Das Haus am Mühlenfeld 26 wird bald unter Denkmalschutz gestellt.

Krefeld. Am 19. September wird die Bezirksvertretung Fischeln das Haus Mühlenfeld 26, Baujahr 1925, unter Denkmalschutz stellen. Das ehemalige Haus der Brauerfamilie Wirichs (Rhenania), bekannt auch als „Kissinger-Haus“, ist heute im Besitz der Familie Langels.

In der Begründung der unteren Denkmalbehörde der Stadt für die Unterschutzstellung wird unter anderem darauf verwiesen, dass „die noch vorhandene Originalsubstanz wie die Bauform, und gerade die Innenausstattung des Hauses noch umfangreich vorhanden und beispielhaft für die Wohnkultur einer Unternehmensfamilie in den 20er Jahren“ sei.

Neben dieser besonderen Architektur zeichnet sich die Villa auch durch eine bemerkenswerte Historie aus: Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger hat sich 1945 als Army-Soldat einige Zeit in dem Haus aufgehalten.

In der Zeitung „The Daily Register“ im Monmouth Country (New Jersey) vom 3. Mai 1972, die Kissinger damals eine vierteilige Serie widmete, schildert Autor Gaylord Shaw von Associated Press die kurze Episode des damals 21-jährigen Kissinger am Niederrhein.

Kurz nach dem Einmarsch der 84. US-Division am 3. Mai 1945 wurde die Villa des Brauereiinhabers Robert Wirichs in Königshof beschlagnahmt und zum Hauptquartier erklärt. Familie Wirichs musste mit sechs Kindern in den benachbarten Keller der Rhenania-Brauerei „umziehen“.

Auf der Strecke blieb dabei der Geburtstagskuchen für den damals achtjährigen Jochen Wirichs, den die Familie in der Villa zurücklassen musste. Margarete Drink erinnert sich 27 Jahre später: „Mensch, das war der junge Soldat von damals“, sagte die zu der Zeit 54 Jahre alte Haushaltshilfe laut der US-Zeitung. Sie hatte Kissinger bei dessen China-Besuch 1971 im Fernsehen gesehen und ihn sofort wieder erkannt.

Im Mai 1945 war sie resolut in die Kommandantur gestapft und hatte die „Auslieferung“ des Geburtstagskuchens verlangt.

Ein sympathischer Army-Soldat (Kissinger) drückte ihr den Kuchen in die Hand. Von da an war sie trotz der verhängten Kontaktsperre mit Kissingers Zustimmung fast täglich in der Villa. Sie versorgte so die Wirichs-Familie mit Lebensmitteln.

Jochen Wirichs (74) bestätigt gegenüber der WZ diesen Bericht. Er schickte Kissinger später ein Fässchen Altbier über den Atlantik. Als Dankeschön für dessen Menschlichkeit und für den Geburtstagskuchen. „Ein Dankschreiben von Kissinger habe ich noch irgendwo im Schrank.“

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