Das „Süße Herz“ hört auf zu schlagen

Das kleine Fachgeschäft für Schokolade, Kekse und Tee macht dicht — die Umsätze waren zu niedrig.

Krefeld-Fischeln. Ein Datum und das Wort „Geschäftsaufgabe“ stehen noch nicht auf der Schaufensterscheibe des kleinen Ladens an der Kölner Straße, aber es ist unübersehbar, dass die Tage des „Süßen Herzens“ in Fischeln gezählt sind.

Die Regale in dem kleinen Geschäft für Süßigkeiten und Tee sind schon ziemlich leer. In der untersten Reihe links stehen Plätzchendosen mit durchsichtigem Deckel, die Kindheitserinnerungen auslösen. Keine abgepackten Kekse, sondern einzelne Stücke kann man hier lose kaufen, so viel — besser: so wenig — das Taschengeld erlaubt.

Oder dann doch eine größere Menge, die Erika Bermel als Geschenk liebevoll einpackt. Kinder wurden von ihr ernst genommen, gut beraten und bedient. Dass sich in ihrem Reich Erwachsene nicht vordrängelten, darauf hat sie stets geachtet.

Eine besonders wichtige Kundengruppe sind die älteren Leute. „Alt-Fischelner kommen hierher auf eine Tasse Kaffee“. Für jedes Geburtstagskind aus dieser Kaffee-Runde wird gesammelt, um dann den Geburtstag im Sassenhof zu feiern. Dorthin haben die Senioren die Feiern verlegt, weil ein Herr aus ihrer Runde inzwischen nicht mehr mobil genug ist, das Altersheim zu verlassen.

Der Geschäftsinhaberin tut es nicht nur um diese Gemeinschaft leid, die ihren Treffpunkt verlieren wird. Es ist auch das nahe, spezialisierte Einkaufsangebot, das gerade den Älteren mit eingeschränkter Mobilität fehlen wird. Die Auswahl aus hundert Teesorten werden sie beispielsweise nicht mehr haben, „dafür geht keiner der alten Leute in die Stadt“.

Der Kampf gegen die Supermärkte und die Geiz-ist-Geil-Mentalität haben schon immer ihre Geschäftsphilosophie beeinflusst. Seit sie sich 2008 als Einzelhandelskauffrau selbstständig machte, hat Bermel Wert darauf gelegt, sich mit dem Angebot im „Süßen Herzen“ von der Konkurrenz zu unterscheiden.

Eine unschöne Erkenntnis hat sie darin bestärkt. Leute kamen in den Laden, um Schokolade oder Plätzchen umzutauschen, auf denen kleine Mängel zu sehen waren, die oft durch falsche Lagerung entstanden waren. Meist kamen die Reklamationen ohne Kassenbon, aber sie tauschte die Sachen trotzdem um.

Dabei war sie sich sicher, dass die Ware nicht bei ihr gekauft worden war. Als dann ein Umtausch mit einem Preisschildchen aus dem Supermarkt versucht wurde — „Manchmal meinen die Leute, man wäre dumm“ — stand für sie fest: Es kommt nur noch Ware mit hochwertiger Qualität zu fairen Preisen ins Sortiment, die es im Supermarkt nicht gibt.

Damit wird Ende Juli endgültig Schluss sein. Nach einem Gespräch mit dem Steuerberater ist ihr klar, dass sich der Laden so nicht halten lässt.

Aber die Vernunft-Entscheidung fällt ihr nicht leicht: „Ich liebe meine Kundschaft. Die sind mir ans Herz gewachsen.“ Doch sie sieht positiv in ihre Zukunft, denn „wenn sich eine Türe schließt, öffnet sich eine andere“.

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