Ausblick Ein Lob auf den Süden vom Doctor humoris causa

Bürgerverein Süd-West empfängt zahlreiche Gäste beim Neujahresempfang im Haus der Familie.

Ausblick: Ein Lob auf den Süden vom Doctor humoris causa
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Seit 25 Jahren ist Bernd Albrecht Vorsitzender des Bürgervereins Süd-West, doch dies war am Sonntag beim Neujahrsempfang im Haus der Familie an der Lutherstraße nicht die wichtigste Zahl. Die liegt höher: Der Bürgerverein wird in diesem Jahr 90 Jahre alt, und es ist an Helmut Höffken, ehedem Doctor humoris causa der Karnevalsgesellschaft Uzvögel, dies in einer launigen Rede zu würdigen. Den Auftrag erfüllt er gewitzt, obwohl er allem voran eine Erkenntnis stellt, die jedes Engagement im Bezirk im Keim ersticken könnte: Die Themen von damals sind heute unvermindert aktuell.

Es ist eine Tatsache, die von den kundigen Besuchern, Vertretern der Interessengemeinschaft Süd, von Schulen, Kindergärten, Kirchengemeinden, Bezirksvertretung und anderen Bürgervereinen, mit lautem Lachen bestätigt wird. Verkehr, Lärm, Schmutz, Gladbacher Straße — sie werden schon damals in dem Bezirk „hinter dem Bahndamm“ als Ärgernis empfunden. Die Bewohner dort fühlten sich von jeher benachteiligt, hat Höffken bei seiner Recherche feststellte. Zu Recht?

Höffken ist davon nicht überzeugt. Der Süden sei „Boomtown“, in keinem anderen Stadtteil so viel in Bewegung: neue Feuerwache, Expansion der Autohäuser, der Umbau des Helios — und selbst der Friedhof sei im Wandel.

Gegründet worden war der Bürgerverein Süd-West, um „die Übelstände abzuhelfen“, wie es im Protokoll der ersten Versammlung festgehalten wird. An diesem Ziel hat sich nichts geändert, auch wenn es nicht immer erreicht wird: Das Kaffeehaus Schmitz ist Geschichte, das marode ehemalige Studentenwohnheim eine Ruine, ein Seniorenheim an seiner Stelle nicht in Sicht — und das Wahrzeichen, der alte Wasserturm, 1974 gesprengt worden. Ein Nicken und Klagen kommt aus den Besucherreihen, als der Doctor an diese offene Wunde erinnert.

Doch er erinnert auch an das Gute: den imposanten Martinszug, der ohne Vergleich im Stadtgebiet ist, das hohe ehrenamtliche Engagement und den Zusammenhalt im Bezirk. Einzigartig ist im Süden auch Stephan Balkenhols „potenzieller Selbstmordaspirant“ (Höffken), der schlicht „der Springer“ heißt, auf dem Klinikdach am Lutherplatz. Mit „offenen Beinen“ und etlichen anderen Gebrechen war der in die Jahre gekommen, ein Fall fürs Helios, OP und Tupfer, scherzt Höffken. Frisch gestrichen steht die restaurierte Holzfigur wieder auf dem Dach. Eine Erfolgsgeschichte — ohne Pflegestufe, ohne private Krankenversicherung.

221 Mitglieder hat der Verein, der sich „mit Augenmaß für den Bezirk“ einsetzt, so Höffken, ein „Bindeglied zur Verwaltung“ und „Sprachrohr der Bürger“ sei. „Er braucht Bürger, die mitten im Leben stehen und sich einsetzen.“

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