Nahversorgung Edeka Grenzstraße könnte in einem Jahr schließen

Bockum/Cracau. · Keine Parkplätze, sinkende Umsätze und große Konkurrenten sind für Betreiber ein Problem. Erfolgreicher ist, wer im Stadtteil auf Nischenangebote setzt.

 Der Edeka-Markt an der Grenzstraße in Cracau.

Der Edeka-Markt an der Grenzstraße in Cracau.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Bockum mit seinen mehr als 20 600 Einwohnern besticht durch seine Grünanlagen, die ruhige und doch zentrale Lage sowie Einrichtungen wie Zoo, Grotenburg-Stadion und Musikschule und einer guten Verkehrsanbindung. Beim Stadtteil-Check der WZ „Krefeld hautnah“ hat Bockum gemeinsam mit Gartenstadt die beste Benotung in Krefeld bekommen. Nur die Einkaufsmöglichkeiten zwischen Grenzstraße beziehungsweise Jentgesallee, dem Europaring im Norden, der Bremer Straße im Osten und der Berliner Straße samt Glockenspitz im Süden sind bemängelt worden. In einem Jahr könnte nun auch noch der Edeka-Markt an der Grenzstraße 155 schließen. Das Ladenlokal wird im Internet von einem Makler bereits angeboten.

„Ich würde eigentlich gerne weitermachen“, sagt Betreiber Stefan Kempken, „aber ein neuer fünfjähriger Mietvertrag birgt ein zu hohes Risiko.“ Der Sohn von Heiner Kempken, der in Krefeld sechs große Edeka-Supermärkte betreibt, hat vor drei Jahren den ehemaligen Rewe-Markt von einem insolventen Betreiber übernommen und damit den Sprung in die eigene Selbstständigkeit gewagt. „Doch die Technik ist inzwischen sehr alt und müsste erneuert werden.“ Rund 300 000 Euro würde das kosten. „Durch den Umsatz an dem Standort ist das aber nicht zu refinanzieren“, sagt der Kaufmann. Ohne diese Investition würde er mit einem um jeweils ein Jahr sich verlängernden Mietvertrag weitermachen, so lange, wie die Technik das mitmache.

Die großen Supermärkte sind laut Kempken eine Konkurrenz für die kleinen. „Hier wird der sogenannte Kiosk-Einkauf gemacht“, beschreibt er. Wer etwas bei dem wöchentlichen Großeinkauf vergessen hat, springt eben noch einmal bei ihm an der Grenzstraße ’rein. Seit der umgebaute neue Markt an der Glockenspitz aufgemacht hat, sei der Umsatz noch einmal um sechs bis sieben Prozent abgerutscht. „Für kleine Läden ist das eine Menge“, sagt Kempkens junior. 450 Quadratmeter Verkaufsfläche zählt sein Edeka an der Grenzstraße, die Gesamtfläche beträgt knapp 715 Quadratmeter. Die monatliche Miete für das Objekt wird vom Makler mit 4900 Euro im Monat angegeben. Zum Vergleich: Die neuen Märkte heutzutage haben eine Größe von 1600 bis 1700 Quadratmeter Verkaufsfläche. Entsprechend groß ist auch das Sortiment.

Das Parkplatz-Problem
hat auch Nahkauf in Bockum

Den absehbaren Trend, das Haus im Grünen im Alter aufzugeben und zurück in die Stadt zu ziehen, sieht Stefan Kempken zwar auch für die nahe Zukunft bestätigt. Und das bedeute auch neue Kundschaft. „Doch ohne Parkmöglichkeiten vor der Tür werden Kunden eher für den Wocheneinkauf Supermärkte mit großem Parkplatz davor anfahren.“

Die Parksituation hat auch André Holzschuh im Blick. Der 33-Jährige betreibt den Nahkauf Frischemarkt an der Friedrich-Ebert-Straße 170. Er ist ebenfalls in einer Kaufmannsfamilie groß geworden und „liebt diesen kleinen Laden, der ein Unikat ist“. Aber der Umsatz muss auch für ihn stimmen. Mit 170 Quadratmetern Verkaufsfläche ist sein Markt noch kleiner als der an der Grenzstraße. „Ich habe noch Bestandsschutz“, sagt er, halb ernst. Die kleinsten Rewe sind alle inzwischen über 300 Quadratmeter und mehr groß.

Er hat sich 2013 selbstständig gemacht, hat einen Einkaufsvertrag mit Rewe, ist ansonsten selbstständig und betreibt mit seiner Frau noch einen zweiten Markt in Düsseldorf-Wittlaer. „Wir leben in Krefeld von unseren Stammkunden, man muss Nischen suchen in der Konkurrenz zu anderen“, sagt er. In seinem Nahkauf sind es beispielsweise die frischen Blumen, die er täglich auf dem Großmarkt in Düsseldorf einkauft. Dennoch hält auch er Ausschau nach einem größeren Ladenlokal.

Die Grenzstraße kommt für ihn nicht in Betracht, die Parkplatzsituation hier wie auch bei anderen möglichen Objekten in Bockum sei ein Problem. „Ich möchte eigentlich im Quartier bleiben und habe schon gemeinsam mit der Stadt nach Möglichkeiten geschaut“, erzählt er. Denkbar ist für ihn, langfristig anderswo einen neuen Markt zu eröffnen und den Nahkauf an der Friedrich-Ebert-Straße zu spezialisieren.

Wer in der Nähe der Uerdinger Straße Höhe Sprödentalplatz wohnt, hat hingegen die Auswahl an Angeboten im nahen Cracau. Ein Rewe ist ebenso dort zu finden wie Denn‘s Biomarkt, ein Penny und ein großer Drogeriemarkt und gegenüber ein Getränkeladen. Am Bismarckplatz hat der geschlossene Kaisers zwar eine Lücke hinterlassen. Auch hier war die Parkplatzsituation ein Problem. Ansonsten bietet der Benrader Obsthof neben frischem Obst und Gemüse zusätzlich Fleisch, Eier, Nudeln, Konserven und Getränke an. Für die Grundversorgung reicht es. Ein Blumengeschäft, ein Kiosk, eine Apotheke , eine Bankfiliale und eine Bäckerei mit Café runden das ortsnahe Angebot ab.

Dass gerade die kleinen Geschäfte ihre Stammkundschaft finden, in Bockum mit dem Nahkauf ebenso wie in Cracau der Benrader Obsthof, beweist auch der Bioladen Vierspitz an der Moerser Straße Höhe Moerser Platz. 14 Jahre lang hat ihn Jochen Melles betrieben, einer der Bio-Pioniere in Krefeld. Im Januar hat den Laden Sandra Senz-Zabel mit ihrem Mann Michael übernommen. Lange war sie dort selber Kundin, die letzten Jahre hat sie dort dann mitgearbeitet. Jetzt wagten die Beiden den Sprung in die Selbstständigkeit. „Wir haben ganz viele Stammkunden, die weiterhin zu uns kommen.“

Auch jüngere Kundschaft ziehen sie an, weil sie als Eltern von zwei neun und elf Jahre alten Kindern im Viertel ebenfalls gut vernetzt seien. Ihr Bioladen bietet ein Vollsortiment, Sonderwünsche könnten sie jederzeit bestellen. Auch eine Café-Ecke mit Stehtisch, Barista-Kaffee und selbstgemachten Torten bieten sie neuerdings im Bioladen an.

Derzeit ist die Ecke wegen Corona jedoch vorschriftsmäßig geschlossen. „Das große Denn‘s und die nahen Supermärkte sind nicht wirklich eine Konkurrenz für uns“, sagt Sandra Senz-Zabel gelassen. Was beweist, wie auch André Holzschuh betont, dass Nischenangebote im Stadtteil gut laufen, auch ohne hunderte von Quadratmetern.

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