Krefeld St. Martin: Wenn Laternen leuchten. . .

Beim Martinszug der Bürgergesellschaft Stadtmitte sind am Freitag mehr als 300 Kinder durch die Innenstadt gezogen.

Hoch zu Ross ging’s für Sankt Martin am Freitag durch die Innenstadt.

Hoch zu Ross ging’s für Sankt Martin am Freitag durch die Innenstadt.

Krefeld. Rot, grün, gelb und orange leuchtet es in der Dämmerung. So sieht es aus, wenn mehr als 300 Kinder mit ihren Eltern und Lehrern singend durch die Straßen der Innenstadt ziehen — allen voran der Mann mit dem roten Mantel auf seinem weißen Pferd, den auch heute noch alle als Sankt Martin kennen.

Krefeld: St. Martin: Wenn Laternen leuchten. . .
Foto: Andreas Bischof

Warum? „Weil der etwas Gutes getan und einem armen Mann geholfen hat — das ist wichtig“, sagt die Neunjährige Sinem, die mit ihrer Schulklasse am Freitag beim Martinsumzug der Bürgergesellschaft Stadtmitte mitlief. Überhaupt: An der Felbelschule werde Teilen, so wie der heilige Martin damals seinen Mantel bei bitterer Kälte mit einem Bettler teilte, großgeschrieben: „Ich teile Radiergummis und Bleistifte, aber auch was Süßes oder mein Butterbrot“, sagt Marie (11).

„Meine Kinder sollen lernen, armen Menschen zu helfen, so wie Sankt Martin das getan hat“, erklärt Netsanet Ghebretinsae, warum sie seit acht Jahren regelmäßig mit ihren Kindern zum Martinszug geht. In ihrer alten Heimat Eritrea gebe es so etwas nicht. Esra Singhs Tochter Mia (3) hat indische, türkische und polnische Wurzeln. Die Martinstradition wird in ihrer Familie seit vielen Jahren gelebt: „Weil’s Spaß macht, ich kenne das noch aus meiner Schulzeit“, sagt die junge Mutter, „aber auch, weil ich den Gedanken des Teilens sehr wichtig finde.“

Gabriele Leigraf, Geschäftsführerin der Bürgergesellschaft Stadtmitte, hat da in den vergangenen Jahren einen anderen Eindruck gewonnen: „Grundsätzlich wird lieber Halloween als Sankt Martin gefeiert“, glaubt sie. „Dabei sollten wir doch unsere eigene Kultur feiern. Wie sollen wir denn Menschen hier integrieren, wenn wir keine Basis dafür haben?“ In ihrer Kindheit, da seien die Kinder noch bis zur siebten Klasse bei den Martinszügen mitgelaufen. Heute seien hauptsächlich Kindergärten und Grundschulen mit den Laternen unterwegs. „Das wird halt oftmals als uncool deklariert“, fürchtet Leigraf.

Gar nicht uncool finden Faysal und Emre den Martinszug: „Auf die Musik, das Singen und den Sankt Martin auf dem Pferd freuen wir uns am meisten“, die im Unterricht an der Felbelschule aufwendige Fackeln in Form einer Flamme gebastelt haben. In allen Rot-, Orange- und Gelbtönen leuchtet die, so wie das Feuer auf dem Platz an der Alten Kirche, an dem schließlich Sankt Martin seinen Mantel für den armen Mann teilt.

Der heißt in Wirklichkeit Erwin Wartenberg und gibt auf dem Martinszug der Bürgergesellschaft Stadtmitte seit fünf Jahren den Bettler. „Das ist eine besondere Ehre für mich.“ Schließlich sei der Gedanke des Teilens immer aktuell. „Es gibt immer arme Menschen, das ist über all die Jahrhunderte gleich geblieben“, sagt Wartenberg. So sei das auch in Krefeld. Die Flüchtlingshilfe sei wichtig, findet er. „Aber genauso wichtig ist es, dass wir auch den Krefeldern helfen, die in Armut leben. Auch daran soll Sankt Martin heute erinnern.“

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