Stadtteil-Check in Cracau Sprödentalplatz: Vom Morast zum Treffpunkt mit Tradition

Auf dem einstigen Sumpfgelände entstand ein Areal für Großveranstaltungen aller Art. Seit mehr als 200 Jahren erlebt es eine wechselvolle Geschichte.

Herbst- und Frühjahrskirmes gehören zum Terminkalender der Veranstaltungen auf dem Platz.

Herbst- und Frühjahrskirmes gehören zum Terminkalender der Veranstaltungen auf dem Platz.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Früher war es ein stinkender Morast, heute ist es „der“ Platz für Großveranstaltungen in Krefeld: der über vier Hektar große Sprödentalplatz. Generationen von Besuchern genießen hier die Herbst- und Frühjahrskirmes, Trödelmärkte, Zirkusgastspiele, Sportveranstaltungen oder eine bunte Palette von Ausstellungen. Aber auch politische Großkundgebungen gehören zur Tradition des Platzes. Seine Geschichte ist wechselhaft und zum Teil glamourös. Seit seiner Entstehung (siehe Kasten) war hier die Prominenz ihrer Zeit zu Gast — aus heutiger Sicht zum Teil auch fragwürdige Gestalten. Da lohnt sich ein Blick auf einige der Veranstaltungen, die hier gefeiert wurden:

Am 2. April 1906 wurde Kaiser Wilhelm II und den aus Düsseldorf hierher umgesiedelten „Tanz-Husaren“ ein pompöser Empfang auf dem Platz bereitet. Die Festarchitektur stammte vom Büro Girmes und Oediger.

1911 wurde die erste Gewerbe-, Industrie- und Kunstausstellung eröffnet. Hunderttausende Menschen besuchten die Veranstaltung. Auf dem Platz waren unter anderem zwei Hallen mit einer Länge von je hundert Metern aufgebaut. Die repräsentativen Bauten hatte der Architekt August Biebricher erdacht, der auch die Gebäude der Pferderennbahn und das Moltke-Gymnasium entworfen hatte.

1936, drei Jahre nach der Machtergreifung der Nazis, kam der Herausgeber der antisemitischen Hetzzeitung „Der Stürmer“, Julius Streicher, nach Krefeld. Eingeladen worden war er von den örtlichen Nazi-Führern. Er sprach in einem großen Zelt auf dem Platz vor 15 000 Menschen.

Ab etwa 1939 plante die NSDAP-Kreisleitung auf dem Platz den Bau einer gigantischen Anlage. Es sollte dort ein „Forum mit Parteibauten und Niederrheinhalle“ für Massenveranstaltungen entstehen. Auch den Hauptbahnhof wollten die Nazis hierhin verlegen. Bombenangriffe im Krieg zerstörten den Platz und seine Infrastruktur.

1950 fand die erste Ausstellung nach dem Krieg auf dem Platz statt. Unter den Gästen waren unter anderen der „Vater des deutschen Wirtschaftswunders“ und der sozialen Marktwirtschaft, Wirtschaftsminister Ludwig Ehrhard. 250 000 Besucher zählten die Organisatoren.

1980 — der CSU-Politiker Franz-Josef Strauß kandidierte für das Amt des Bundeskanzlers — veranstaltete ein buntes Bündnis auf dem Platz ein zweitägiges „Volksfest gegen Rechts“ mit zwei Veranstaltungsbühnen.

1983, im Juni, folgte die Friedensdemo. Mehr als 30 000 Menschen aus der ganzen Republik demonstrierten gegen die Stationierung von US-Atomraketen und den Besuch von US-Vizepräsident Bush senior in Krefeld anlässlich der 300-Jahr-Feier „Philadelphiade“. Sie sollte an die Auswanderung von 13 Krefelder Familien erinnern, hauptsächlich Quäker und Mennoniten, die mit dem Schiff Concord nach Philadelphia gereist waren.

Heute gibt es zwar noch Angebote von Ausstellung bis Zirkus auf dem Gelände. Aber die „Rheinische Landesausstellung“, viele Jahre eine Publikumsmesse mit großer, zuletzt aber mit abnehmender Resonanz, gibt es zumindest vorerst nicht mehr. Die PPG-Nordpark GmbH in Mönchengladbach, die der Mönchengladbacher Borussia und der städtischen Entwicklungsgesellschaft EWMG gehört, hatte die Rechte an der Rheinischen Landesausstellung Ende 2013 von der Krefelder Messe-Gesellschaft Haug-West gekauft. Günther Wolff, Geschäftsführer von Haug West, wollte aus Altersgründen keine Fortsetzung. Ob die PPG-Nordpark sich mit einem neuen Konzept auch nach Krefeld wagt, steht in den Sternen.

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