Schocktherapie für junge Autofahrer beim „Crash Kurs NRW“

Polizei konfrontiert Schüler mit schrecklichen Unfällen und ihren Folgen. Retter und Angehörige kommen zu Wort.

Krefeld. „Ich will Dich nie vergessen. Komm doch endlich wieder. Wir lieben Dich sehr, Engel“, steht auf der Leinwand. Doch Martin kommt nicht wieder. Er starb in einem Wagen, der gegen einen Baum geprallt war. Er wurde nur sechzehn Jahre alt. Nach dem Tod ihrer Tochter Denise, als Beifahrerin auf einem Motorrad, wollte die Mutter nur noch „nachsterben“. Als das Lieblingslied von Denise erklingt, „Nur zu Besuch“ von den Toten Hosen, fließen die Tränen. Nicht nur bei der Mutter.

Die Oberstufen-Schüler des Gymnasiums am Stadtpark wurden darüber unterrichtet, was auf sie zukommt. Dennoch: Die Auftaktveranstaltung von „Crash Kurs NRW — Krefeld“ ist emotional, direkt und brutal. Einige Schülerinnen verlassen während der 90 Minuten die Aula und werden seelsorgerisch betreut. Polizeibeamte halten die verbliebenen Mädchen und Jungen im Auge. Es herrscht absolute Stille.

Die Kampagne wurde gestartet, um die Zahl der Verkehrsunfälle zu verringern. „Sie richtet sich an 16- bis 19-Jährige. In dieser Altersgruppe gibt es bei Unfällen doppelt so viele Tote wie in jeder anderen“, berichtet Polizist Helmut Bott. Erfahrungen mit einem ähnlichen Projekt in England hätten nachhaltige Wirkung gezeigt.

Es geht nicht um nackte Zahlen, sondern um die Schicksale, die dahinter stehen und die Botschaft, wie diese Unfälle verhindert werden können. Was diese Veranstaltung besonders emotional macht: Die Unfälle sind in Krefeld passiert. Polizeifotos zeigen Blut und die verhüllten Leichen auf der Straße.

Beteiligte äußern sich zu den Bildern: Es sind Retter, die als erste am Unfallort eintreffen, und Angehörige, die zurückbleiben und mit der Tatsache fertig werden müssen, dass ihre Kinder brutal aus dem Leben gerissen worden sind. Es sind herausragende Menschen, die dort auf der Bühne stehen. Sie erzählen ruhig, aber deshalb nicht weniger eindringlich ihre Geschichte.

So wie der Feuerwehrmann, der nach einem langen Dienst auf ein ruhiges Wochenende hofft und zu einem Unfall gerufen wird, bei dem der junge Fahrer stirbt und seine Beifahrerin schwer verletzt wird. So wie die Polizistin, die auf dem Weg zum Unfallort erfährt, dass der Motorradfahrer wohl keinen Kopf mehr hat. So wie der Notarzt, der es nicht schafft, den Jugendlichen zu retten.

Die Botschaft an die Jugendlichen vor der Bühne lautet, die richtige Entscheidung im Straßenverkehr zu treffen. Bott: „Ihr habt die Wahl, ob Ihr zu schnell fahrt, ob Ihr den Gurt anlegt, ob Ihr den Helm aufsetzt oder ob ihr Auto fahrt, wenn Ihr Alkohol getrunken habt. Damit Eure Zukunftswünsche nicht zerplatzen wie ein Ballon.“

Dass die Botschaft angekommen ist, zeigt die Reaktion der Schülerinnen Sophie Münks und Lisa Kürschner. „Es war sehr ergreifend, es hat mir gut gefallen und ich werde vorsichtiger sein“, sagen beide.“ Sie brauchen noch einige Zeit, um diesen Mittag zu verdauen.

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