Unternehmerschaft Schmitz wandert von Bord

Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerschaft geht in den Ruhestand. Nachfolger Ralf Sibben macht bemerkenswerte Aussagen.

Unternehmerschaft: Schmitz wandert von Bord
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Nein, er wird nicht anrufen und fragen, ob alles läuft. Hat er versprochen. Böse wären sie aber nicht nach satten 37 Jahren an der Spitze eines Verbandes, der am linken Niederrhein immerhin 900 Unternehmen betreut, bis rauf ins ferne Kleve. 90 000 Mitarbeiter haben diese Firmen, und die Unternehmerschaft Niederrhein sieht sich als eine Art Gewerkschaft für Geschäftsführer. Hartmut Schmitz, ihr Chef, geht am Dienstag von Bord. Der Neue ist ein derweil Alter. Ralf Sibben, seit acht Jahren Schmitz’ Stellvertreter, steigt auf zum Hauptgeschäftsführer. Allerdings mit frischen Plänen.

Für Schmitz’ ist es Zeit, sagt er. „Ja, ich freue mich auf die Zeit nach dem Berufsleben.“ Zunächst einmal geht es mit der Familie in den Urlaub, danach bleibt Zeit für Literatur, Theater, Sport und „endlich einmal in der Mittagssonne zu schwimmen statt morgens früh um sieben Uhr“. Die Familie hat ein Häuschen in der Eifel. Schmitz möchte einem Wanderverein beitreten. An Plänen mangelt es nicht.

Die hatte er auch als junger Anwalt im Jahr 1980, als er zur Unternehmerschaft kam und eigentlich nur fünf Jahre bleiben wollte. Als oberster hauptamtlicher Repräsentant der in der Unternehmerschaft Niederrhein organisierten Verbände und Unternehmen hat er seither viele Sträuße ausgefochten, auch bei den Tarifverhandlungen auf Landes- und Bundesebene. „Was mir immer wichtig war: Das muss auf Augenhöhe mit den Gewerkschaften sein. Wir haben oftmals Lösungen erwirkt, ohne sie an die große Glocke zu hängen.“

Ralf Sibben, neuer Hauptgeschäftsführer zur Verhinderung von Betriebswahlen

In nachhaltiger Erinnerung geblieben sind Schmitz neben unzähligen Arbeitsrechtsprozessen, die er für die Betriebe geführt hat, vor allem der Übergang von Bayer zum Chemiepark, das endgültige Aus von Voith oder das von Phillipps in Linn. „Das war schon bedrückend“, sagt Schmitz rückblickend, „da ging es nach dem Prinzip ,Der Letzte macht das Licht aus’.“ Heute, in Zeiten einer starken Wirtschaft gebe es kaum noch betriebsbedingte Kündigungen.

Dafür umso häufiger Tarif-Streits. Derzeit prominentestes Mitglied der Unternehmerschaft ist sicher der Stahlriese Siempelkamp, der laut über einen Ausstieg aus dem Flächentarif nachdenkt. Auch der Unternehmerschaft hatte Geschäftsführer Fechner nach WZ-Informationen gedroht, auszutreten oder mindestens den Jahresbeitrag zu kürzen. Dazu hält Schmitz sich zurück. Er sagt so viel: „Bei uns ist man entweder ganz oder gar nicht Mitglied und Siempelkamp ist drin. Generell gilt: Wer den Tarif verlässt und eine eigene Regelung treffen will, holt sich den Streit ins Haus.“

Schmitz’ Nachfolger Sibben will solchen vermeiden und propagiert Fairness und sogar Mitbestimmung. Man pflege bei der Unternehmerschaft eine anderes Grundverständnis von sozialpartnerschaftlicher, anwaltlicher Beratung als in der freien Wirtschaft. „Eine Behinderung einer Betriebsratswahl zum Beispiel ist strafrechtlich zu verfolgen. Auf dieses Niveau wird sich dieses Haus nicht begeben.“

Sibben sieht seinen Verband mit neuen Herausforderungen konfrontiert, zuvorderst mit der Digitalisierung. „Wir benötigen neue EDV-Anlagen. Mit der Umstellung auf die elektronische Gerichtsakte etwa haben wir ein ordentliches Stück zu wuppen. Dazu müssen wir das Thema Datensicherheit in Zeiten von Hackerangriffen beachten. Schließlich sind wir Treuhänder etlicher Firmendaten. “

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