Gericht "Scheiß auf die Leitstelle" - Polizist vor Gericht

47-jähriger Kripomann soll zwei Kolleginnen im Einsatz behindert und beleidigt haben.

Ein Polizist muss sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Ein Polizist muss sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Mangelnder Respekt gegenüber Polizisten — diese Beschwerde ist nicht neu. Eine spezielle Variante der Respektlosigkeit wird gerade vor dem Amtsgericht verhandelt: Da soll ausgerechnet ein Polizist zwei Kolleginnen beleidigt haben. Den Höhepunkt der verbalen Entgleisung gibt die Anklage mit dem derben Zitat „Fick dich, scheiß auf die Leitstelle“ wieder.

Der Vorfall ereignet sich im Oktober 2015. Wegen einer Ruhestörung fuhren die beiden Polizistinnen H. (26) und W. (24) gegen drei Uhr morgens in die Innenstadt, wo sie die überlaute Musik in einer Pizzeria bemerkten. Als sie den Gastwirt aufforderten, ihnen Personalpapiere und Genehmigungen zu zeigen — Informationen, die für den nachfolgenden Bericht benötigt werden — kam ein Gast hinzu, der sich als Polizist zu erkennen gab.

„Er mischte sich ein“, formuliert es W. als Zeugin im Prozess. Der jetzt angeklagte B. habe den Wirt daran gehindert, die Papiere zu holen. Er werde die Angelegenheit klären. „Er sagte, wir hätten alle keine Eier in der Hose und die Berichte würden in der Leitstelle sowieso im Papierkorb landen“, schildert die Zeugin H. die Situation, die sie als „sehr unangenehm“ empfunden habe.

Das Verhalten sei „sehr unangemessen“ gewesen, zumal sich mittlerweile ein Zuhörerkreis gebildet hatte. „Er hat uns bloßgestellt“, sagt sie, und: „Wir waren empört und sprachlos.“

„Einen Scheiß müsst ihr, ihr habt keine Eier in der Hose.“
Aussage des Angeklagten laut Anklage der Staatsanwaltschaft

Ihre Kollegin W. bestätigt, dass der Einsatz, den sie beide normal und vorschriftsgemäß abarbeiten wollten, von B. massiv gestört worden sei. „Ich war völlig verblüfft, das uns ein Polizeibeamter in den Rücken fällt“, sagt W. „Mich hat das schockiert. Man unterstützt doch Kollegen.“ Peinlich und unangenehm sei ihr die Situation gewesen. „Es hat ein anderes Gewicht, wenn ein Kollege so auftritt.“

Alkoholbedingt sei dessen Verhalten ihrer Wahrnehmung nach nicht gewesen, auch wenn der 47-Jährige leichte Alkoholfahne gehabt habe. „Er hat klar gesprochen.“

Strafantrag haben die Polizistinnen nicht gestellt. Warum, wollte die Richterin wissen. „Wir haben uns nicht persönlich beleidigt gefühlt“, sagen beide. Allerdings suchten sie das Gespräch mit ihrem Dienstgruppenleiter, der Vorfall wurde in einem Bericht dokumentiert und schließlich zur Staatsanwaltschaft gegeben.

Die Nachfragen des Anwalts des Angeklagten konzentrierten sich in der Verhandlung darauf, die derben Aussagen seines Mandanten auf die Situation zu münzen, nicht auf die Personen. Am Rande: Der Gastwirt, aus dessen Lokal die laute Musik drang, war kooperativ: Er legte alle Papiere vor und stellte die Musik leiser.

Es ist nicht das erste Mal, dass B. wegen Beleidigung vor Gericht steht. Mit einer Geldbuße von 60 Tagessätzen à 85 Euro muss er büßen, dass er einen Kollegen, der ihn aus dem Bereitschaftsdienst an einem frühen Samstagmorgen in die Wache bestellte, aufgebracht und schimpfend als „Wichser“ und einen „Jüngling“ bezeichnet hatte, dem er „Bescheid sagen“ werde. Das Urteil ist rechtskräftig. Der aktuelle Prozess wird am 5. Juli fortgesetzt.

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