WZ-Serie Wie die Partnerschaft mit Beeskow begann

WZ-Serie Schon im Januar 1990 streckte der „Runde Tisch“ seine Fühler in Richtung Krefeld aus.

 Bemalung auf der DDR-Zeit auf einer Hausfassade in Beeskow.

Bemalung auf der DDR-Zeit auf einer Hausfassade in Beeskow.

Foto: wz/nickel

Der „Runde Tisch“ des Kreises Beeskow handelte ganz schnell: Bereits in seiner Sitzung am 17. Januar 1990, also erst wenige Wochen nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989, fasste er den Beschluss, „unverzüglich eine Partnerschaft mit einer Region (Stadt) in der BRD“ anzustreben. Dafür konkret ins Auge gefasst hatte die Gesprächsrunde unter der Leitung des Pfarrers der Stadt Lieberose, Andreas von Essen, zu dem Zeitpunkt schon Krefeld.

Erste Kontakte an den Niederrhein waren bereits hergestellt worden. Denn schon vor der Wende gab es einen Austausch von evangelischen Kirchengemeinden auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Der Legende nach soll Pfarrer von Essen, der Mitglied der Bürgerbewegung „Neues Forum“ war, nach dem Mauerfall in Turnschuhen im Krefelder Rathaus aufgetaucht sein und gesagt haben: „Hier sind wir. Gebt uns Rat.“

Den konnten die Menschen aus dem heutigen Landkreis Oder-Spree gerne bekommen. Noch im gleichen Jahr gingen aktive und ehemalige Mitarbeiter der Krefelder Stadtverwaltung nach Brandenburg, wo ein „Krefeld-Büro“ eröffnet wurde. Es war Anlaufstation für Verwaltungsleute, gab gute Ratschläge für angehende Existenzgründer und zu Rechtsfragen.

Frank Steffen, heutiger Bürgermeister von Beeskow und damals dort Mitgründer der SPD, betont im Rückblick, dass diese Hilfe gerade in der ersten Phase sehr willkommen gewesen sei. „Besser-Wessis“ habe es unter den Krefeldern in Beeskow nicht gegeben. Und auch Landrat Rolf Lindemann, der selbst aus Neustadt an der Weinstraße stammt, erinnert sich, dass man als Westler „mit offenen Armen aufgenommen wurde“.

Zurück zur Partnerschaft: Der damalige Krefelder Oberbürgermeister Willi Wahl (SPD) empfahl den Ratsfraktion in einem Schreiben vom 30. Januar ausdrücklich, auf den Wunsch nach einer Partnerschaft einzugehen. Sehr viel Überzeugungsarbeit musste er offenbar nicht leisten: Bereits im März des gleichen Jahres schlossen die beiden CDU-Kreisverbände eine solche Vereinbarung, die bis heute durch regelmäßge Treffen gepflegt wird. So war erst jüngst eine Delegation der Senioren-Union Beeskow aus dem heutigen Kreis Oder-Spree in Krefeld, um sich über das kulturelle Angebot der Stadt zu informieren. Ferner ging es darum, sich auf der Grundlage eines zwischen beiden Seiten ebenfalls Anfang der 1990er-Jahr abgeschlossenen Kulturabkommens über Formen und Möglichkeiten einer weiteren kulturellen Zusammenarbeit zwischen Ost und West auszutauschen.

Unter den Gästen aus Ostbrandenburg konnte Ingeborg Müllers für die Senioren-Union Krefeld neben Max Krüger auch Herbert Schirmer, Mitglied der Volkskammer der DDR und DDR-Kulturminister von März bis Oktober 1990, und Heinz Lassowsky, Mitglied der Volkskammer der DDR von März bis Oktober 1990, in Krefeld begrüßen.

Die Bestrebungen der Krefelder Parteien, eine Partnerschaft mit einer Stadt in der DDR einzugehen, gehen übrigens noch auf die Zeit vor dem Mauerfall zurück. So findet sich im Archiv der Westdeutschen Zeitung ein entsprechender Antrag der CDU-Fraktion vom 11. März 1986. Vom 26. Februar des gleichen Jahres stammt ein Schreiben der SPD-Fraktion an den damaligen Oberbürgermeister Dieter Pützhofen (CDU), das einen Antrag von 1984 (!) neu aufgreift. Mit einer solchen Partnerschaft wolle man „einen aktiven kommunalpolitischen Beitrag zum Frieden und zur Abrüstung in Ost und West“ leisten, hieß es darin.

Unterzeichnet wurde das Partnerschaftsabkommen schließlich im September 1990.

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