Reserve für ganz NRW Krefelder Lagerhaus bunkert Weizen für den Notfall

Krefeld · Das Krefelder Lagerhaus Pegels bewahrt tausende Tonnen Weizen auf, mit denen im Notfall die gesamte Bevölkerung des Landes für Monate versorgt werden könnte. Wo das Getreide liegt, wissen nur Eingeweihte.

 Betriebsleiter Julian Pegels vor den im vergangenen Jahr zugekauften Schou-Gebäuden, die im Winter gestrichen wurden. Im Silo und auf Schüttböden wird Getreide gelagert.

Betriebsleiter Julian Pegels vor den im vergangenen Jahr zugekauften Schou-Gebäuden, die im Winter gestrichen wurden. Im Silo und auf Schüttböden wird Getreide gelagert.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Tonnenweise Weizen, mit dem im Notfall Monate lang genug Brot für die Menschen in ganz Deutschland gebacken werden kann, ist ein Schatz. Hüter eines Teils dieses Schatzes für schlechte Zeiten ist die Krefelder Firma Pegels. Im Auftrag des Bundes lagert das Unternehmen die sogenannte Bundesreserve an Getreide. Die Idee stammt ursprünglich aus der Zeit des Kalten Kriegs. Für den Notfall werden überall in Deutschland metropolennah Vorräte geschaffen. Der genaue Aufbewahrungsort ist allerdings geheim.

„Irgendwo zwischen Krefeld und der holländischen Grenze“ sei er, sagt Julian Pegels, Betriebsleiter der Lagerhaus Pegels GmbH mit Standorten im Krefelder Hafen und ein Teil der vierten Generation in der familiengeführten Unternehmensgruppe Pegels, zu der Agrarhandels-Niederlassungen in Tönisvorst und in Rheurdt im Kreis Kleve gehören. „Das Getreide muss schnell verfügbar sein. Es ist ja schließlich auch noch roh, noch kein Mehl“, erläutert der 27-jährige Krefelder. Über die Menge darf er auch nicht sprechen. „Es ist genug, reicht für NRW für einige Monate, also für einige Millionen Brötchen“, sagt er nur lächelnd.

Alle sechs bis zehn Jahre werden die Lager der Bundesreserve aufgelöst und an anderer Stelle neu aufgemacht. Pegels selbst ist von Beginn an vom Bund mit dieser Aufgabe betraut. Der Auftrag wird ausgeschrieben, aber mit geheimem Ort. Einzige weitere Besonderheit im Vergleich zum Restgeschäft: Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat vorgegeben, dass das Getreide weniger als 13 Prozent Feuchtigkeit enthält. Beim normalen Getreide sind es 15 Prozent.

Zugekauftes Schou-Areal ist bald auch per Schiene erreichbar

Das Trocknen, Reinigen und Lagern von Weizen und anderen Getreiden ist tägliches Geschäft für Pegels. Die vollautomatische Anlage des Unternehmens schafft es, 25 Tonnen in der Stunde zu trocknen. Bei 40 bis 70 Grad wandert die Ware in unterschiedlicher Geschwindigkeit hindurch – je nachdem, wie die Restfeuchte sein soll. In der Reinigung pustet Luft von unten gegen die Siebe, über die das Getreide läuft. So werden Staub, Spelze – also die Hülle des Getreides – und Steine von dem getrennt, was man am Ende allein behalten will: „Wir wollen ja nur das blanke Korn.“

Für das geht es danach in Hallen, Silos oder Schüttböden im Krefelder Hafen. Rund 90 000 Tonnen Getreide, Ölsaaten wie Raps oder Sonnenblumenkerne, Mais – auch schon fix und fertig fürs Verpacken in Popcorn-Tüten - und Hülsenfrüchte können hier untergebracht werden.

Im vergangenen Jahr waren die Kapazitäten auf einen Schlag verdoppelt worden. Zum Standort an der Hentrichstraße erwarb das Unternehmen die seit 2014 leerstehenden Gebäude mit Silo des Lagerhauses Schou an der Silostraße. Die Hentrichstraße liegt von der Innenstadt aus gesehen hinter der Linner Drehbrücke, das ehemalige Schou-Gelände kurz davor.

Beide liegen damit günstig am Hafenbecken. Binnenschiffe können hier anlegen. Meist kommen sie durch, ohne dass die historische Brücke gedreht werden müsste. „Außer bei Hochwasser“, sagt Pegels. Einen zusätzlichen Weg saniert sich Pegels gerade. Denn auf dem einstigen Schou-Areal liegt ein Schienenanschluss. Der wurde allerdings nicht mehr genutzt, seit der Betrieb dort eingestellt worden war.

40 von 170 Metern Schiene haben die neuen Besitzer bereits wieder auf Vordermann gebracht. „Wir werden wohl in den nächsten sechs Wochen fertig sein“, kündigt Julian Pegels an. Dann ist das Unternehmen trimodal, wie es genannt wird, und erhält oder verschickt Ware per Schiff, Bahn oder Lastwagen. Über die Höhe der Investitionen auf dem Schou-Grundstück wie auch schon über den Kaufpreis wird nicht gesprochen. „Wir haben noch mal den Kaufpreis hineingesteckt“, sagt Julian Pegels nur.

Im Winter ist das 85 Meter hohe Hochsilo, das die Skyline am Hafenbecken mitprägt frisch angestrichen worden: der größte Teil naturweiß – ein Streifen Altrosa sollte den Abschluss nach oben bilden. „Naja, es ist wohl eher pink geworden“, schränkt Pegels schmunzelnd ein. Mit den neuen Farben lässt sich kaum erahnen, dass ein kleiner Teil des erworbenen Gebäudes gar nicht genutzt wird. Die denkmalgeschützte Trockung und das ebenfalls denkmalgeschützte Türmchen sind nicht mehr im Einsatz.

Ins rege genutzte Hochsilo können hingegen bis auf 65 Metern Getreide wie Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Triticale sowie Saaten & Co eingefüllt werden. Zwischen Hochsilo und denkmalgeschütztem Bestand liegen noch ein Silo von 25 Metern Höhe, in dessen Zellen unterschiedliche Getreide getrennt auf ihren Abnehmer warten, und über fünf Etagen sogenannte Schüttböden. „Das ist wie in Hamburg in der Speicherstadt“, vergleicht Pegels, „heute würde man so nicht mehr bauen, sondern Silos.“ Derzeit sind hier 3000 Tonnen Sonnenblumenkerne in einzelnen Boxen hinter Holzwänden aufgehäuft.

Kunden für solche Ölsaaten sind beispielsweise Ölmühlen. Pegels beliefert Firmen in ganz Deutschland.

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