Razzia: Zollfahnder durchkämmen die Multi-Kulti-Baustelle Horten-Haus

51 Arbeiter im ehemaligen Horten-Haus überprüft — 19 von ihnen schaffen als „selbständige Handwerker“.

Krefeld. Unter beifälligen Kommentaren etlicher Passanten umstellen am Dienstag, Punkt 9 Uhr, 30 Zöllner das ehemalige Horten-Haus. Ein halbes Dutzend Polizeibeamter ist vornehmlich zur Verkehrsregelung eingesetzt — die Lohstraße wird für die acht Dienstfahrzeuge des Hauptzollamtes Krefeld gesperrt. In den folgenden zwei Stunden durchkämmen die Mitarbeiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit die vier entkernten Etagen des künftigen „Ostwall-Carrees“.

Ihr Ziel: Illegal Beschäftigte aufzuspüren und — vor allem — zu prüfen, ob die Mindestlöhne eingehalten werden: 11,05 Euro die Stunde für ungelernte und 13,70 Euro für gelernte Kräfte. Zeitgleich werden in Berlin und Neuruppin in Brandenburg drei Firmen vom dortigen Zoll kontrolliert. Diese Firmen haben Werkverträge. Projektleiter Detlef Zindl vom Investor Tenkhoff Properties (Berlin) erlebt die Kontrolle nicht mit — er befindet sich im Urlaub.

Das Ergebnis der Razzia verblüfft dann schon: Die Zöllner treffen 51 Männer an, die für nicht weniger als 22 Firmen arbeiten. 19 der überprüften Arbeiter legen nämlich Papiere vor, die sie als selbständige Handwerker in ihren Heimatländer ausweisen. Die anderen 32 Arbeiter sind bei den drei Firmen angestellt.

Ein buntes Völkergemisch begegnet den Zöllnern auf der Baustelle: Rumänen, Polen, Portugiesen, Serben, Inder — und auch Deutsche.

„Da kommt noch viel Arbeit auf uns zu“, ahnt Alwin Bogan, Pressesprecher des Hauptzollamtes. Zwar sei keiner der kontrollierten Personen illegal im Lande, aber nun müsse überprüft werden, ob es sich bei den selbständigen Handwerkern nicht um Scheinselbständige handelt. Unterschied: Selbständige sind nicht an Mindestlöhne gebunden, während derjenige, der Scheinselbständige beschäftigt, für diese im Nachhinein Sozialabgaben und Mindestlöhne nachzahlen muss.

„Selbständige“, so erläutert Alwin Bogan, „müssen eigenes Werkzeug haben und eigene Gewerke bearbeiten“. Hören sie auf einen Vorarbeiter, der ihnen sagt, was wann und wie lange getan werden muss, ist Schluss mit der Selbständigkeit. Bogan erinnert daran, dass es aus solchen Gründen auch schon Strafverfahren gegen Unternehmen wegen Betrugs gegeben hat. „Aber erst mal müssen wir den Leuten glauben“.

In den kommenden Tagen werden Lieferscheine und Stundenzettel unter die Lupe genommen. In Berlin und Neuruppin wird geprüft, ob die 32 angestellten Gerüstbauer und Abbrucharbeiter nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Tarif bezahlt werden.

Die Überprüfung sei „entspannt“ verlaufen, sagt Alwin Bogan. Was Passanten wie ein Abführen vorkam, war die Begleitung von Arbeitern durch Zöllner von der Baustelle zu den jeweiligen Wohnungen oder einem Hotel, alle nicht weit vom „Ostwall-Carree“ entfernt. Denn nur die wenigsten der überprüften Ausländer hatten Pass und Sozialversicherungsnachweise in den staubigen Bau mitgenommen. Nach der Kontrolle setzten die 51 Männer ihre Arbeit im „Karree“ fort.

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