Politessen in Krefeld: Augen und Stifte überall

Bekannt und gefürchtet: Die „Kräfte der Überwachung des ruhenden Verkehrs“.

Krefeld. Der Senior quert beinahe im Laufschritt den Parkplatz Am Röttgen und ruft: "Ich werde operiert und musste so lange auf meine Untersuchung warten. Es tut mir leid, mein Parkzettel ist sicher abgelaufen."

Heidi Gerndt und Iris Marquardt, die beiden Politessen, stehen an seinem Auto und haben ein Einsehen, es bleibt diesmal bei der mündlichen Verwarnung. "Wir spüren genau, wenn einer lügt", sagen sie und der Mann freut sich über "die netten Damen".

Sie sind stets blau gekleidet, treten nur paarweise auf und sind nicht immer so gerne gesehen wie im beschriebenen Fall in Uerdingen: Die Politessen.

Die meisten Passanten bekommen bei ihrem Anblick ein schlechtes Gewissen. "Ist alles klar?", fragt sie wenig später etwa ein Mann aus Duisburg unsicher. "Alles klar", lautet die beruhigende Antwort.

Dabei ist die Kontrolle der Parkzettel nur eine Aufgabe der Frauen. Sie achten vor allem darauf, dass falsch parkende Autos den Verkehr nicht stoppen, Behinderten den Gehweg oder Kindern und Erwachsenen die gute Sicht nicht versperren. Auch Rettungswege müssen frei gehalten werden.

"Manchmal müssen wir abschleppen lassen", so Marquardt. Die Politessen gibt es jetzt seit 40 Jahren in Krefeld. "Eigentlich heißen sie ,Kräfte der Überwachung des ruhenden Verkehrs’", erklärt Nicole Heisters, die Teamkoordinatorin, auch "Oberpolitesse" genannt.

Morgens schwärmen sie zu Fuß, per Rad, mit dem Auto oder Bus und Bahn von der Hansastraße in die Innenstadt und in die Bezirke aus. "Alle Stadtteile kommen dran, keiner ist sicher", berichtet sie schmunzelnd. Von 7.30 bis 21.45 Uhr dauert schichtweise der Dienst.

42 Politessen und zwei "Polyboys", wie es intern heißt, bilden das gesamte Team. Heidi Gerndt ist schon 27 Jahre dabei, bei Iris Marquardt sind es sieben.

"Die Autofahrer sind nicht mehr so nett wie früher, sie sind aggressiver geworden", wissen sie. "Wenn geschimpft wird, hören wir auch schon einmal weg." Fällt jedoch das böse Wort mit "f" ist’s aus mit lustig, dann folgt unweigerlich die Anzeige.

Die Politessen kennen jeden Winkel in Krefeld. "Oft werden wir als lebende Navis genutzt oder in ein Schwätzchen verwickelt, das machen wir gerne", erklären die Mitglieder des Teams.

Parkscheiben, TÜV- und Abgasaufkleber haben sie dabei ebenso routiniert im Blick wie die Ventile der Autoreifen. "An ihrem Stand sehen wir, ob das Auto bewegt oder ob die Parkscheibe nachgestellt wurde."

Die Frauen schätzen die Freiheit des Berufes. "Wir gehen mit vielen Menschen um, haben stets frische Luft, wir sind unsere eigenen Herren."

Richtiges Politessen-Wetter gebe es zwar nicht, dafür aber passende Kleidung. Und wenn - das ist tatsächlich einmal passiert - ein Mann die Frauen bittet, kurz ein Kuchentablett für ihn zu halten und dann mit dem Wagen davon fährt, ohne es mitzunehmen, macht der Job besonders Spaß.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort