Philadelphia-Passage: Rücklagen für Reparaturen werden nicht genutzt

Eigentümer müssen Rücklagen in Millionenhöhe bilden, aber Reparaturen bleiben aus. Die Immobilie ist im jetzigen Zustand nahezu unverkäuflich.

Philadelphia-Passage: Rücklagen für Reparaturen werden nicht genutzt
Foto: abi

Krefeld. Seit fast 14 Jahren werden die Eigentümer des Wohn- und Geschäftskomplexes über der Philadelphia-Passage derart stark durch Rücklagen und Nebenkosten belastet, dass sie kaum noch ihre Darlehen abtragen können. Gerichtsvollzieher kennen das Objekt.

Gegen einen Eigentümer wurde ein Vollstreckungshaftbefehl erwirkt, weil er nicht in vollem Umfang zahlen konnte. Er sollte pro Monat 533 Euro für Rücklagen und 455 Euro für Nebenkosten (ohne Heizung) für seine 116 Quadratmeter große Wohnung aufbringen — plus der Darlehnsraten. Von einem Jahr zum anderen wurden die Rücklagen-Raten um 366 Prozent erhöht. Gleichzeitig sank der Verkehrswert für die Immobilie.

Die eigentlich für dringende Reparaturen gedachten Rücklagen werden seit Jahren auf einem Konto der Sparkasse angehäuft — Reparaturen aber nur in geringem Umfang in Auftrag gegeben. Warum das so ist, wissen die Wohnungseigentümer nicht. Sie sind die Leidtragenden. Bereits im September 2009 hatte die WZ über das seltsame Gebaren der Hausverwaltung im Auftrag der drei Gewerbeflächen-Eigentümer (City-Hotel, Supermarkt, Ladenlokale in der Passage) berichtet. Damals waren mehrere Eigentümer mit Klagen vor dem Amtsgericht gescheitert.

Der Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Haus und Grund nannte das Vorgehen des Verwalters „moralisch verwerflich, rechtlich aber nicht anfechtbar.“ Die drei Gewerbeflächen-Eigentümer haben mit mehr als 50 Prozent die Mehrheit im Verwaltungsbeirat. Die rund 40 anderen Eigentümer müssen sich fügen. Neuerdings ist ihnen sogar der Weg in das Aufsichtsgremium versperrt worden.

Mittlerweile haben Wohnungseigentümer allerdings vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf Urteile und Teilurteile in ihrem Sinne erstritten — auch in zweiter Instanz. Die Urteile liegen der WZ vor. „Geändert hat sich nichts. Der Verwalter macht weiter wie bisher“, sagt die Kroatin Janja Prkacin, die vor etlichen Jahren mit ihrem Mann eine geräumige Eigentumswohnung im Komplex Philadelphiastraße 59 - 67, Alte Linner Straße 42 und Vereinsstraße 50 gekauft hat. „Die Überzahlungen im Jahr 2013 werden in der Hausgeldabrechnung 2013 gutgeschrieben“, kündigte Verwalter Werner Aegenvoort in einem Schreiben vom 12. Dezember an.

Alle Abrechnungen sind undurchsichtig“, sagt Janja Prkacin. So fehlt etwa das Guthaben aus der Versteigerung eines Ladenlokals in der Philadelphia-Passage. Leidensgefährtin Gabriele Paßmann legt die Rücklagenentwicklung für 2012 auf den Tisch. Darin steht, dass sich auf dem von Aengenvoort verwalteten Sparkassen-Konto der Eigentümer-Gemeinschaft zum 31. Dezember 2012 exakt 1,518 148,34 Euro befanden. Bis heute dürfte der Betrag weiter gestiegen sein. Bevor die Hausverwaltung Aengenvoort das Objekt im Jahr 2000 übernahm, betrugen die Rücklagen 100 000 Euro.

Im September 2009 hatte Unternehmer Franz Maritzen (Matex Textilmaschinen-Handelsgesellschaft mbH) und Eigentümer des City-Hotels der WZ geklagt, dass es im Komplex einen „erheblichen Reparatur-Rückstau“ gebe. Vor allem die Laubengänge müssten erneuert werden. Und die Bäume neben dem brachliegenden Hoch-Spielplatz schlügen ihre Wurzeln ins 1200 Quadratmeter große Flachdach. Passiert ist — nichts. Der Zustand ist nur schlimmer geworden.

Als die WZ jetzt Objektverwalter Werner Aengenvoort sprechen wollte, teilte eine Mitarbeiterin mit, dass er dauerhaft erkrankt und nicht erreichbar sei. Die Frage, ob der Hausverwalter die Brocken hinwerfen will, wurde mit „kann sein“ beantwortet.

Ein Immobilienmakler, der sich Objekt und Unterlagen angesehen hat, musste feststellen, dass die meisten Wohnungen hoch belastet sind und sich kaum veräußern lassen: „Die Leute ersticken an den Nebenkosten“. Und er kennt eine Projektentwicklungsgesellschaft in Duisburg, die an den Gewerbeimmobilien in der Passage und am Hotel an der Philadelphiastraße interessiert ist. „Ein Verkauf würde allen nur guttun“, erklärte der Immobilien-Kaufmann. Er vermutet allerdings, dass der Streit um die Rücklagen noch lange währen wird.

„Kaufinteressenten gibt es zehn im Jahr“, sagt Franz Maritzen, der inzwischen auch mehrere Wohnungen im Komplex gekauft hat. „Geld habe ich bisher aber noch nicht gesehen. Nicht, dass ich von einem Verkauf wüsste.“ Interessenten aber würden „die Biege“ machen, wenn sie das Wohnquartier näher beobachtet hätten: „Saufgelage unter dem Vordach der Passage, Penner in der Tiefgarage, Prostitution und Drogenhandel in der Nachbarschaft.“ An die 20 Mal habe er Ordnungsamt und Polizei gerufen, und jedes Mal dieselbe Antwort bekommen: „Beauftragen Sie einen privaten Sicherheitsdienst“.

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