Pappköpp lassen die Puppen tanzen

Die Mundart-Gruppe pflegt das Krefelder Brauchtum seit 40 Jahren. Der Vorverkauf für das neue Programm startet am 15. September.

Kempener Feld/Baackeshof. Oberpappkopp Matthes erschließt die Szene mit einem Satz, als er eine Sauna betritt: „Kann dat sieen, dat he de Heizung aan es?“. Diese Gabe der Pappköpp, eine Situation mit wenigen Worten zu schildern, honorieren viele Besucher seit 40 Jahren. Alle Veranstaltungen sind immer ausverkauft. Es gab Jahre, da standen die Interessenten nachts schon Schlange, um einige der raren Eintrittskarten zu ergattern. Das hat sich etwas gelegt, als das 1978 gegründete Ensemble im Herbst 2004 sein festes Haus an der Peter-Lauten-Straße einweihen konnte.

Bisher war man sozusagen eine Wanderbühne, die in ganz Krefeld von der Rennbahn bis zum Stadtwaldhaus und dem Kaiser-Wilhelm-Museum ihr Programm zum Besten gab. Man kann sich vorstellen, dass „Dä Stalp möt die Bühn“ ganz besonders kräftezehrend war. Das erklärt auch, dass die Pappköpp meist nur in Krefeld auftraten. Eine Darbietung in Tönisvorst galt schon als „Auslandsgastspiel“.

Einmal jedoch wagten die Pappköpp den Sprung über den großen Teich. Als Krefeld im Jahre 1983 der Auswanderung nach Amerika gedachte, machte man sich mit zwölf Aktiven auf den Weg nach Philadelphia. Im Vorort Germantown nahmen die Pappköpp an der Steubenparade teil und absolvierten mehrere Auftritte in Sälen und im Freien. Natürlich musste man das Krieewelsche etwas abwandeln. Die Programmpunkte hießen dann „Dän Uohme ut Amerika — English in a time of a Schnie´weck“ und „Op de Concord“. In Krefelds Patenkreis Beeskow war man natürlich auch. Und auch im Eifelgut Schirmau, wo jedes Jahr das neue Pogramm geübt wird, traten sie auf.

Pappköpp lassen die Puppen tanzen
Foto: Andreas Bischof

Im Jazzkeller an der Lohstraße, so erinnern sich Christel Loos und Manfred Coelen, die heute noch zum Ensemble gehören, entstand die Idee zum Marionettentheater. Da trat man am 8. Juni 1979 zum ersten Mal öffentlich auf. Acht Marionetten-Spieler und sechs Sprecher bestritten das Programm, das aus 16 „Stöckskes“ bestand. Die „Newcomer an den Strippen“ waren erfolgreich, die Pappköpp waren geboren. Den Namen gab man sich, weil man sich eher bescheiden und immer lernbegierig darstellen wollte. 40 Jahre lang sind sie damit gut gefahren.

Die ersten „Stöckskes“ fand man bei den Mundartgrößen Theo Mülders und Willy Hermes, später kamen die Ideen oft aus dem Ensemble. Unbestrittener Spitzenautor in den 40 Jahren seit Bestehen ist Manfred Coelen (Jahrgang 1939) mit fast einem Drittel von insgesamt 600 Beiträgen. Zahlreiche davon liegen auch in Buchform vor. „Geburtshelfer“ war Karl-Heinz Boves, der Wirt des Jazzkellers. Er formte den „Drickes“, die erste Marionette. Sie ist immer noch in fast jedem Stück mit dabei. Manfred Coelen erinnert sich: „Neben Karl-Heinz muss man zwei Krefelder nennen, denen die Pappköpp besonders viel verdanken. Es sind Rüdiger Tiefers und Ralf Kochann.“

Der Erstgenannte mit dem martialischen Schnurrbart dekorierte über 35 Jahre lang die Bühnen des Stadttheaters. Der Künstler, im Jazzkeller noch Zuschauer, war schon bei der zweiten Vorstellung mit dabei. Über 30 Jahre hielt er der Truppe die Treue — bis zu seinem Tod im Jahr 2011. Oft gab es für seine unnachahmliche Bühnengestaltung offenen Szenenapplaus. Neben Tiefers hat Ralf Kochann die Pappköpp geprägt wie kein anderer. Der Gesamtschullehrer, ein Sprachgenie, war stets ein wichtiger Ideengeber.

Schon früh bekam er von seinen Mitspielern den Titel „Rastelli an den Strippen“. „Alle Szenen kann er vorspielen“, sagt Coelen. Er ist der geborene Regisseur und das ist nicht einfach, denn die Sprecher sehen ja die Marionetten nicht“. Im Jahre 1993 sicherten sich die Pappköpp die Mitwirkung des Regionalkantors Josef Schwalbach. Er machte die Pappköpp musikalisch.

Mit dem Musical „West-Bahnhof-Story“ im Jahr 1996 bewies er seine Fähigkeiten. Immer wieder erneuerte sich das Ensemble. Einige Namen der ersten Stunden: Ulrike und Werner Coelen, Paul Spätjens und Fritz Mewes, der in diesen Tagen gestorben ist. Nicht zu vergessen: Helmut Loos, seit jeher Haus- und Hoffotograf der Pappköpp. In den vergangenen Jahren haben Vanessa Feld, Patric Biallas, Udo Heikhaus und Volker Matter das Ensemble tüchtig verjüngt. Man sucht jedoch händeringend männlichen „Nachwuchs“. Bedingung: Unter 60 und mundartsicher.

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