Krefeld Ostwall-Glasdach: Ein Streit-Ende ist nicht in Sicht

Krefeld · Bis heute ist das Dach der Krefelder Haltestelle nicht fertiggestellt. Wo es hakt und wie es weitergehen könnte - ein Überblick.

 Das Glasdach an der Haltestelle Rheinstraße am Ostwall: Die defekten Scheiben dürfen nicht ausgewechselt werden.

Das Glasdach an der Haltestelle Rheinstraße am Ostwall: Die defekten Scheiben dürfen nicht ausgewechselt werden.

Foto: NN

Das Glasdach der Haltestelle Ostwall ist kurz vor Weihnachten 2015 feierlich eröffnet worden. Bis heute ist die filigrane Tragkonstruktion mit gebogenem Glas nicht fertiggestellt und an die Stadt übergeben. Defekte Scheiben werden nicht ausgewechselt. „Wegen eines laufenden Rechtsstreits mit dem Hersteller ist die Stadt verdammt, es nicht anzupacken“, hatte Oberbürgermeister Frank Meyer in seinem Sommerinterview erzählt. Dezernent Thomas Visser ergänzt auf Nachfrage: „Zur Wahrung von Rechtsansprüchen darf baulich nichts verändert werden.“ Wo hakt es? Und wie könnte es weitergehen? Diesen Fragen geht unsere Zeitung nach.

Was ist das Besondere dieser Konstruktion? Das Krefelder Glasdach ist ein Unikat. Dem Bau war ein jahrelanges Abwägen vorausgegangen, welche Ausführung gewählt werden sollte: Textildach oder Glasdach – und in welcher gestalterischen Anmutung. Die Entscheidung fiel mit den Stimmen von CDU, Grünen und UWG schließlich für die filigrane Stahl-Glas-Konstruktion. Sie wiegt circa 100 Tonnen, davon entfallen 80 Tonnen auf die Stahlkonstruktion. Neun Stützenpaare, die in einem Abstand von 13,5 Metern stehen, tragen das Dach.

Die einzelnen Glaselemente sind nicht mit der Stahlkonstruktion verschraubt, sondern verklebt. Die zwölf Meter breite und 125 Meter lange Glaskonstruktion wiegt allein mehr als 20 Tonnen. 108 Glasscheiben sind verbaut. Das Glasdach hat allein 3,28 Millionen Euro gekostet, die gesamte Haltestelle 20,47 Millionen Euro. Darin sind Fördermittel von rund 9,2 Millionen Euro enthalten.

Was sind die Ursachen für Risse in den Glasmodulen? Schon beim Einbau im Jahr 2015 sind einzelne gebogene Glasscheiben kaputtgegangen. Nachdem bei einem Nachbearbeitungstermin weitere Schäden auftraten, stellte die beauftragte spanische Firma Bellapart die Arbeiten ein. Sie macht die Konstruktion des Glasdachs dafür verantwortlich. Ist es die einzigartige Konstruktion, sind es Fehler bei der Produktion, bei der Montage oder ein unsachgemäßer Transport? Um der Ursache auf den Grund zu gehen, hat die Stadt das Ingenieurbüro Feldmann + Weynand als unabhängige Gutachter beauftragt. In dem der WZ vorliegenden Gutachten wird als einer der Hauptfaktoren für die Glasschäden ein unsachgemäßer Umgang mit den Glastafeln während des Einbaus und der Montage genannt.

Was sagt der Architekt dazu? Das Architektenbüro Stefan Schmitz bda hat das Glasdach entworfen. Inhaber und Architekt Stefan Schmitz weist den Vorwurf zurück, dass die Glaselemente nur schwer auszuwechseln wären und deshalb immer kaputt gingen, wie es Bellapart behauptet. Sein Büro hat schon mehrere Dächer gebaut, die alle stehen und keine Schäden aufwiesen. Um ein Auswechseln der Elemente zu ermöglichen, „ist die tragende Stahlkonstruktion der Scheiben verschraubt und nicht verschweißt“, sagt Schmitz. In seinen Augen ist es ein Fehler gewesen, sich im Rahmen der Auftrags-Ausschreibung für die günstigsten Anbieter zu entscheiden.

Eine Fachfirma habe dagegen protestiert, weil sie das abgegebene Angebot nicht als kostendeckend eingeschätzt habe. „Wenn der Firma immer wieder Scheiben beim Einsetzen kaputt gehen, muss man denen eine Frist zur Behebung des Schadens setzen“, sagt Schmitz. Jetzt hingegen ginge es immer nur hin und her. Sein Büro verklagt inzwischen die Stadt, weil die bislang nicht das vollständige Honorar gezahlt habe.

Wie geht es weiter? „Bislang gibt es nur ein einseitiges Beweissicherungsverfahren“, hatte Visser im Bauausschuss mitgeteilt. Der Zeitpunkt für die Bestellung eines neutralen Gutachters durch ein Gericht sei überschritten.

Auch sei der Zeitpunkt für eine von der FDP vorgeschlagene Baumediation (eine außergerichtliche Streitbeteiligung unter Mitwirkung aller Beteiligten) nach zwei Jahren Rechtsstreit vorbei, sagt Visser. Von den zuständigen Mitarbeitern in der Verwaltung ist kaum noch jemand da. Deshalb könnte sich die Fertigstellung des Glasdachs noch Jahre hinziehen.

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