STADT- UND GLAUBENSWEGE Nacht der offenen Kirche: Blicke hinaus, hinab und ins Innere

Krefeld · Zuhören, genießen, singen und mitmachen – das Programm von fast 30 Gemeinden und Institutionen in Krefeld ist vielfältig gewesen.

 Aufs Dach der Alten Kirche konnten die Besucher bei der Nacht der offenen Kirchen klettern und wurden – wenn das Wetter auch nicht so gut war – trotzdem mit einem Panoramablick über Krefeld belohnt

Aufs Dach der Alten Kirche konnten die Besucher bei der Nacht der offenen Kirchen klettern und wurden – wenn das Wetter auch nicht so gut war – trotzdem mit einem Panoramablick über Krefeld belohnt

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Dieses Glockenläuten ruft nicht zum Gottesdienst. Es läutet am Freitag gegen 19 Uhr die Nacht der offenen Kirchen Krefeld mit einem vielfältigen Programm ein, so auch in St. Dionysius. Hier beginnt der Abend mit einem ungewöhnlichen Programm: Eine Haushaltsexpertin spricht über den Glauben. Es ist die aus dem WDR-Fernsehen bekannte Yvonne Willicks, die vermutlich auch das Publikum ihres Haushaltschecks – nach Alter und Geschlecht – angelockt hat.

Fernsehfrau überrascht
mit Gesang

Als „niederrheinisches und katholisches Urgewächs“ hat sie ein Buch mit dem Titel „Glaube ganz einfach“ geschrieben. „Unser Alltag ist von Gott und Glaubensbezügen durchzogen“, sagt die Autorin und verdeutlicht dies in der bei ihr zu erwartenden lebendigen Weise mit Redewendungen und Symbolen aus unserem Alltag. „Die Antwort auf alle unsere Sehnsüchte ist schon seit 2000 Jahren da!“, verkündet sie. Dann überrascht sie sicherlich die meisten im Publikum, dass sie zu Christoph Lahme, einem Kirchenmusiker aus Essen, ans Harmonium tritt und zu singen beginnt.

Anschließend plaudert sie unterhaltsam aus dem Nähkästchen und erzählt von ihrer Annäherung an den christlichen Glauben, wie sie eher zufällig zum katholischen fand und von den Entdeckungsreisen gemeinsam mit ihrer Schwester durch die Rätsel der Messen. Yvonne begeisterte sich zunehmend für das Gemeindeleben und gehörte dann auch zur Schar Mädchen, die den Organisten der Gemeinde anhimmelte. „Und ich hab’ ihn gekriegt!“ Sie trägt seinen Namen und hat eine Familie mit ihm gegründet. Dann kommt sie wieder zu ihrem Beruf und zieht Parallelen zwischen der Liturgie und einem Fernsehbeitrag. „Sie sind ähnlich aufgebaut!“

Ganz andere Perspektiven eröffnet am gleichen Abend die Alte Kirche. Man darf ihren Turm besteigen. Begleitet von der Musik aus dem Kirchensaal geht es die ersten Stufen hoch. Dann gelangen die Besucher auf einer Metalltreppe in Räume mit unverputzten Wänden, dann durch einen Raum, in dem einige brennende Kerzen und aufgestellte Stühle zum Meditieren oder einfach nur Luftholen einladen. Weiter geht es aufwärts – vorbei an den Glocken. Vor dem letzten steilen Leiterabschnitt reizen die Ausblicke aus den kleinen quadratischen Fenstern des düsteren Umfelds. Nach einer senkrechten Leiter und dem Klettern über den Rand der Öffnung belohnt der Panoramablick über Krefeld.

Auch wenn das Wetter an diesem Abend nicht gerade gut ist, so bietet sich doch eine Fernsicht – auch mit vielen Kirchtürmen. Da kann auch als Entscheidungshilfe dienen: Wohin soll es als Nächstes gehen? Auf dem Weg nach unten werden die Turmbesteiger von der zunehmenden Wärme aus dem Kirchenraum und nun fröhlichem Gesang mit Akkordeonbegleitung empfangen.

Nachdenklich, meditativ oder fröhlich – das Spektrum ist breit

Eine Konzertstimmung mit andächtigen Momenten erwartet den Besucher in der Grabeskirche St. Elisabeth am Inrath. Die Sopranistin Ewa Stoschek und der Organist Heinz-Peter Kortmann bieten „Musik in kleinem liturgischen Rahmen“. Dazu gehören Orgelmusik solo und Kirchenlieder von Johann Sebastian Bach bis zum zeitgenössischen britischen Komponisten Bob Chilcott. Aber auch die Zuhörer sind eingeladen mitzusingen. Mit dem Lied „Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Leben“ wird auch ein Bezug zur neuen Funktion der Kirche als Grabeskirche hergestellt.

Nach dem kleinen Kammerkonzert stellt Pfarrer Gerndt einigen Interessierten ein Angebot von St. Elisabeth vor. In einem Teil des Kreuzgangs der ehemaligen Klosterkirche hat man eine Reihe von Bildern auf Staffeleien aufgestellt, die für Trauermeditationen ausgewählt werden können. Vor der Fotografie eines hölzernen Stegs, der neben einem kleinen Bach verläuft, erklärt er: „Wir sind heute Menschen, die von Bildern, weniger von Texten geprägt sind. Bei einer Beisetzung kann man über ein Bild etwas erschließen, hier zum Beispiel Gedanken, an ein anderes Ufer zu kommen.“ Und er versetzt sich in die Betrachter: „Es tut mir gut, diese Perspektive für den anderen zu haben, auch wenn ich nicht mit ihm gehen kann.“

Im Gegensatz dazu herrscht in St. Bonifatius in Stahldorf fröhliche Stimmung. Fünf Chöre bieten gemeinsam ein Konzert zum Zuhören und Mitsingen. Dafür sind reichlich Kopien verteilt, so dass jeder Gast Marienlob und Maienlieder mitsingen kann. Danach geht es mit meditativen Gesängen weiter, die in die Stille der Nacht überleiten. Sie gehören zum Taizé-Nachtgebet. Dafür haben sich knapp 20 Menschen im mit Kerzen und Heiligenbildern geschmückten Altarraum versammelt – für einen leisen musikalischen Ausklang der Nacht der offenen Kirchen.

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