Müllflucht und höhere Gebühren

Die Landesregierung peilt ab 1. Januar 2010 die Öffnung des Müll-Marktes an. Das kann mittelfristig auch die Krefelder Bürger belasten.

Krefeld. Wenn SWK-Vorstand Carsten Liedtke und EGK-Geschäftsführer Dirk Sievert gleich zweimal Staatssekretär Alexander Schink im Ministerium für Umwelt- und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aufsuchen, dann ist was "im Busch".

Schink ist der verantwortliche Mann der Landesregierung für den Abfallwirtschaftsplan NRW, der schon am 1. Januar 2010 in Kraft treten soll. Und damit hat er sich in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln (die mit den meisten Verbrennungsanlagen im Land) keine Freunde gemacht.

In der Vergangenheit hatten die beiden Bezirksregierungen die Abfallwirtschaftspläne mit Bindung an bestimmte Anlagen aufgestellt. Die drei anderen Regierungsbezirke in NRW kennen derartige Reglungen nicht.

Dirk Sievert von der Entsorgungsgesellschaft Krefeld sagt es unverblümt: "Wir sind gegen den neuen Abfallwirtschaftsplan des Landes. Er benachteiligt die Kommunen, die bislang aufgrund von Zuteilungen bestimmte Verbrennungsanlagen nutzen müssen und die für ihre Region kostspielige Vorsorge getroffen haben.

Und er bringt denen Vorteile, die sich in der Vergangenheit nicht gekümmert haben." So hat sich Krefeld durch die hohen Investitionen in die Anlage an der Parkstraße für viele Jahre gebunden, den Hausmüll der Region in Fernwärme und Elektrizität umzuwandeln (siehe Info-Kasten).

Nach Ablauf der bestehenden Verträge mit den Nachbarkreisen und Städten könnte diese bei einem geöffneten Müllmarkt woanders ihren Hausmüll billig verbrennen lassen. "Wenn die Müllflucht beginnt und jeder versucht, seine Abfälle bei Dumping-Entsorgern loszuwerden, haben die Krefelder unkalkulierbar hohe Müllgebühren zu erwarten", ahnt Rolf Rundmund, Ratsmitglied der Grünen.

Die sehen gar die Zukunft der Müllverbrennung und insbesondere die 100-Millionen-Euro-Investition für den künftigen Ersatzkessel K 2 gefährdet. Denn der wird erst 20 Jahre nach Inbetriebnahme (2012) abgeschrieben sein. Insofern wünschen sich die Betreiber der besonders betroffenen Entsorgungseinrichtungen (Krefeld, Bonn, Weisweiler) eine Fristverlängerung von wenigstens zehn Jahren.

In Weisweiler, wo die Stadtwerke Krefeld 49 Prozent an der dortigen Anlage halten, pressiert das Thema: Der Kreis Heinsberg kann schon im kommenden Jahr seinen Hausmüll anderswohin karren, beispielsweise nach Bielefeld, wenn denn dort ein günstiges Angebot gemacht wird.

Peter Kaiser, Krefelder CDU-Landtagsabgeordneter und Mitglied des Stadtrates, sind die lokalen Konsequenzen des freien Wettbewerbs bewusst: "Ich werde für eine Sonderregelung kämpfen." Diskutiert werde beim Land derzeit auch noch das "Prinzip der Nähe" - die Festlegung eines Entsorgungsumkreises von beispielsweise 50 oder 100 Kilometern. Oder eine Beschränkung nur auf Anlagen in NRW.

Allerdings, so Kaiser, werde noch geprüft, ob das gegen EU-Recht verstoßen könnte. Der Abgeordnete weist darauf hin, dass es "Müll-Tourismus" ja heute schon gebe: "Gewerbemüll wird doch kreuz und quer durch Deutschland gefahren."

Vom Krefelder Rat, der sich nach dem Kommunalwahlen (30. August) erst Mitte September konstituiert, erwarten die Grünen eine Resolution an die beiden hiesigen Landtagsabgeordneten, gegen den Abfallwirtschaftsplan anzugehen. Aachen war da etwas flotter: Schon am 24. Juni hatte der Rat die Pläne des Landes verurteilt.

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