Mönchengladbach: Auch der Nachbar sucht ein Profil

Es gibt ähnliche Probleme und Lösungsansätze wie in Krefeld. Das könnte zu Schwierigkeiten führen.

Krefeld/Mönchengladbach. Der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Oberzentren am Niederrhein ist so alt wie der zwischen Düsseldorf und Köln. Deshalb betonen Krefeld und Mönchengladbach gerne die Unterschiede beziehungsweise ihre Vorzüge: hier die Tradition aus Samt und Seide, die tolerante und reiche Vergangenheit, das kulturbeflissenen Bürgertum - dort der traditionsreiche Fußballclub, der Flughafen, die katholische Tradition mit der Abtei im Mittelpunkt.

Demographie Doch nicht erst seit der Bertelsmann-Demographiestudie ist klar, dass die Städte viele Gemeinsamkeiten haben, mehr als ihnen vermutlich lieb ist, denn wer lässt sich schon gerne als "Schrumpfende Großstadt im postindustriellen Strukturwandel" bezeichnen. Beide werden damit von der Studie in die gleiche Gruppe eingestuft wie zahlreiche Ruhrgebietsstädte (unter anderem auch Duisburg).

Neben der schrumpfenden Bevölkerung zeichnet diese Städte eine hohe Arbeitslosigkeit und eine schwache Wirtschaftsleistung aus. Als Gegenmittel empfehlen die "Bertelsmänner" zukunftsorientierte Seniorenpolitik, Familienfreundlichkeit, Wirtschaftsförderung und Integration. Wie soll man sich da voneinander abheben?

Beide Städte kämpfen nach wie vor mit den Folgen des Niedergangs der Textilindustrie, beide Städte leiden unter den Folgen der Kriegszerstörung. Und beide tun sich schwer, ihren Platz neben der unmittelbaren Konkurrenz der großen Metropolen wie Köln, Düsseldorf und den Ruhrgebietsstädten zu finden.

Innenstadt Noch vor zwei Jahren sah es so aus, als hätte Mönchengladbach die Nase leicht vor Krefeld. Man stand kurz vor dem Abschluss mit dem Marktführer ECE, wollte ein riesiges Einkaufszentrum an der Stelle des leerstehenden Stadttheaters an der Hindenburgstraße bauen.

Die Alleinstellungs-Merkmale kommen derzeit zu kurz

Dann musste das Projekt europaweit ausgeschrieben werden. Die Stadt hat dadurch zwei bis drei Jahre verloren. Dafür aber jetzt einen zweiten Interessenten - die MFI aus Essen. Das Auswahlverfahren läuft, die Entscheidung soll Anfang 2010 fallen.

Krefeld führt ebenfalls Gespräche mit dem Hamburger Projektentwickler ECE - hier ist aber noch gar nicht klar, in welche Richtung es geht. Kern des Interesses ist hier das ehemalige Horten-Haus am Ostwall, das Mitte 2010 endgültig schließt.

Entscheidend wird in beiden Fällen sein, wie gut es gelingt, ein solches Projekt in die Innenstadt einzubinden sowohl optisch als auch von den Einkaufswegen her. Verkehr Mönchengladbach hat viel zu lange auf die autogerechte Innenstadt gesetzt - davon zeugen zahlreiche Schneisen, die zum Teil niemals miteinander verbunden wurden. Fußgänger und Radfahrer kamen hier zu kurz. Das Umdenken findet nur allmählich statt.

Krefeld hat durch die vier Wälle und den Ring die Chance, dieser Falle zu entgehen und ein Konzept zu entwickeln, das den anderen Verkehrsteilnehmern mehr Raum lässt. Doch auch hier tut sich der Einzelhandel schwer, sich vom Parken vor der Haustür zu verabschieden.

Stadtentwicklung Beide Städte haben so etwas wie Leitlinien für ihre Stadtentwicklung formuliert. In Krefeld ist dies der "Stadtumbau West", der - so die Hoffnung - aus dem gleichnamigen Fördertopf des Landes unterstützt wird. Bei beiden kommen Schlagworte wie "Attraktivierung der Innenstädte, Wohnen in der City, Verkehr reduzieren, kurze Wege, familienfreundliche Stadt" vor.

So richtig diese Ansätze im einzelnen sein mögen, bergen sie doch die Gefahr, dass die beiden Konkurrenten ihre Alleinstellungsmerkmale aus den Augen verlieren. Ein großes Einkaufszentrum haben viele Städte, ein Fußball-Erstliga-Stadion oder eine überdachte Einkaufsstraße hingegen wenige.

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