Krefelder des Jahres 2019: November Blind Guardian – die Welt-Musiker

November: Die Metalband aus Krefeld hat ein beeindruckendes Album veröffentlicht und zugleich vor Augen geführt, wie bekannt sie international ist.

 André Olbrich (l.) und Hansi Kürsch, Gründungsmitglieder und Kern von Blind Guardian.

André Olbrich (l.) und Hansi Kürsch, Gründungsmitglieder und Kern von Blind Guardian.

Foto: Dirk Behlau

Es ist gar nicht so leicht, wenn man als Krefelder im Ausland unterwegs ist, zu erklären, wo man herkommt. Was sagt man? Near Düsseldorf? Kennen im Ausland auch nicht viele. Near Cologne? Kennen deutlich mehr, ist aber auch schon ein gutes Stück entfernt von Krefeld. Leichter wird es, wenn man beim Gegenüber feststellt, dass sie oder er sich für Musik interessiert. Dann kann man sagen, dass man aus der Stadt von Blind Guardian kommt.

Für den guten Ruf von Band und Krefeld gab es im November dieses Jahres Nachschub. Unter dem Namen Blind Guardian Twilight Orchestra veröffentlichten die Musiker das Album „Legacy Of The Dark Lands“, das es seitdem schon in sechs Ländern in die Charts geschafft hat. Und das die Kritiker in Deutschland zum Hymnendichten gebracht hat. So wurde die Platte unter anderem „ein Meisterwerk, das in seiner Machart bislang konkurrenzlos im Rockbereich dasteht“ genannt.

Für die Formation um Sänger Hans „Hansi“ Kürsch bildet das Album einen Höhe- und vielleicht auch einen Schlusspunkt. Angefangen hat Blind Guardian in den Achtzigern als Speed-Metal-Band: Die vier Männer bearbeiteten Gitarre, Bass und Schlagzeug mit Hochgeschwindigkeit, dazu sorgte die besondere Stimme Kürschs für eine Zusatzportion Intensität. Dieser Stil entwickelte sich in den Neunzigern weiter, die Songs wurde zunehmend komplexer und erreichten bisweilen eine Länge von einer guten Viertelstunde. Sie waren nicht mehr so hart wie einst, aber mindestens genauso intensiv.

Und diese eigenwillige und einmalige Form des Metal brachte Blind Guardian den internationalen Ruhm ein, der hier eingangs angedeutet wurde. Den Ansatz, Krefeld über seine bekannteste Band zu erklären, kann man in Brasilien, Kanada, Australien, Thailand und halb Europa wagen, denn überall dort sind Blind Guardian schon auf Tournee gewesen. Aus Japan erzählt Kürsch Geschichten, in denen die Hotels voll waren mit Fans und in jeder Kneipe, in die Musiker gingen, schon Leute auf sie warteten. Selbst in den USA haben die Krefelder beachtliche Mengen Tonträger verkauft. Und das obwohl in der Plattenindustrie die Regel gilt, dass es für Europäer fast unmöglich ist, auf diesem Markt Erfolg zu haben, weil man dafür in mehreren Dutzend Städten live spielen muss, um entsprechend wahrgenommen zu werden.

Ein Beleg dafür, dass Blind Guardian auch in Deutschland einen Ausnahmestatus inne haben, ist die Wacken-Historie der Band. Das Open Air in Schleswig Holstein hat heute einen flächendeckend akzeptierten Ruf als wichtigstes Metal-Festival. Blind Guardian waren dort schon Hauptband, als die Macher gerade anfingen – und sind es heute bei bis zu 85 000 Besuchern immer noch.

Schon in jenen Anfangstagen, also vor gut 20 Jahren, kündigte Kürsch das an, was nun im November 2019 auf den Markt kam: ein Album, auf dem klassische Instrumente nicht nur ein gelegentliches Stilmittel sind, sondern auf dem ein Orchester im Wortsinne den Ton angibt. André Olbrich hat wie immer federführend die Musik entwickelt, allerdings hat kein Mitglied der Band diesmal gespielt. Deshalb auch der besondere Name Blind Guardian Twilight Orchestra.

Das passende Orchester dafür war gar nicht so leicht zu finden. Die Krefelder brauchten dafür drei Anläufe. Bei den ersten beiden klang das Ergebnis nicht so, wie sich Komponist und Sänger das vorgestellt hatten. Nummer drei, das Philharmonic Orchestra aus Prag, erschien dann perfekt, auch dank der Konzerthalle, in der das Orchester aufnimmt.

In zwei Jahren werden Hans Kürsch und André Olbrich voraussichtlich wieder unter den Krefeldern sein, über die man im Jahresrückblick viel erzählen kann. 2020 möchte die Band wieder ein reguläres Album produzieren, mit dem sie dann auf Tournee geht. Ende 2021/Anfang 2022 soll das jetzige Meisterwerk auf die Bühne gebracht werden – mit Orchester, Schauspielern und allem, über das man sich dann auch in Südamerika oder Asien austauschen kann.

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