Medi-Mobil: Hilfe in Not, keine Belehrung

Die fahrende Praxis steht Obdachlosen und Süchtigen immer dienstags zur Verfügung.

Krefeld. 14 Stunden ist sie bereits auf den Beinen. Bevor Dr. Sabine Olligs ihren Tag beendet, behandelt die Ärztin noch den entzündeten Fuß eines Ex-Häftlings, der am Theaterplatz abhing.

Olligs ist im Medi-Mobil unterwegs. Sie gehört zu den acht Ärzten der mobilen Praxis, in der vor allem Obdachlose oder Drogenabhängige kostenlos und unbürokratisch medizinische Hilfe bekommen. Jeden Dienstag ist das Medi-Mobil auf Krefelds Straßen im Einsatz, fährt Obdachlosen-Stelle, Bahnhof und Theaterplatz an.

An diesem Abend arbeitet Sabine Olligs mit den Maltesern Rolf und Holger Wallraven. Für den Studenten Holger ist der Einsatz in seiner Freizeit selbstverständlich. Beim Medi-Mobil sind besondere Fähigkeiten gefragt: „Hier muss man mehr reden“, sagt der Sanitätshelfer.

„Ich glaube gar nicht, dass der Arzt so wichtig ist, sondern dass das Zuhören und die unbürokratische Hilfe wichtig sind“, findet auch Olligs. Sie hat viel Erfahrung im Umgang mit Drogenabhängigen und Obdachlosen. Um deren nichtmedizinischen Probleme kümmert sich ein Streetworker. Diesmal ist Stephanie Trippelsdorf dabei, spricht die Menschen an, fragt nach Sorgen und Nöten.

Auch Mehmet Noyan gehört zu den Helfern des Medi-Mobils. Viele Obdachlose kennen ihn schon, vertrauen ihm. Er macht das ehrenamtlich, nicht nur an diesem feuchtkalten Januarabend. „Wenn wir einem einzigen Menschen helfen können, hat sich die ganze Aktion schon gelohnt.“ Ohne das Medi-Mobil würden viele keine medizinische Behandlung bekommen, weil sie keine Krankenkassen-Karte haben, nicht fähig sind, stundenlang in einem Wartezimmer zu sitzen, weil sie die anderen Patienten irritieren würden.

An diesem Morgen ist Sabine Olligs um 6 Uhr aufgestanden, um sich auf ihren Dienst im Helios-Klinikum vorzubereiten. Nach einer kurzen Pause geht’s weiter. Treffpunkt für die Medi-Mobil-Besatzung ist die Caritas-Notschlafstelle an der Melanchthonstraße.

Um 18 Uhr startet die Tour, oft dauern die Einsätze bis 20 Uhr. „Das ist eine ehrenamtliche Aufgabe, die ich sehr gerne mache. Das ist eine Hilfe, die direkt ankommt, an der sich kein Dritter bereichert“, sagt Olligs.

Dabei stand das Projekt Medi-Mobil lange auf der Kippe. Der alte Wagen war hinfällig, kam nicht mehr durch den Tüv. „Ich war schon froh, wenn er überhaupt angesprungen ist“, lacht Olligs. Dann sorgten Helios-Klinikum und Familie Melcher aus Uerdingen dafür, dass ein neuer angeschafft werden konnte. Seit November ist der Wagen im Dienst.

Caritas und Diakonie organisieren gemeinsam die Einsätze, Malteser Hilfsdienst und Deutsches Rotes Kreuz stellen die Fahrer, bei den Stadtwerken darf das Auto parken, Helios und Peter Ditz von der Roland-Apotheke spenden das medizinische Material — das Medi-Mobil ist eine echtes Gemeinschaftsprojekt und wichtig.

So hat Peter Ditz sogar seinen Nachfolger, Robin Ghosh, überzeugt, sein Engagement weiterzuführen. „Wir haben eine große Obdachlosenszene hier. Es ist schon wichtig für die Menschen, dass sie Vertrauen zu uns haben, nicht ins Wartezimmer müssen“, sagt Olligs.

Denn auch die Kranken wissen: Im Medi-Mobil gibt’s keine Vorwürfe, keine Belehrungen — es gibt Hilfe.

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