Lustreise-Prozess: Fortbildung in rauer See

Der frühere Vorsitzende des SWK-Vorstandes und sein Nachfolger sagen im Prozess gegen Aufsichtsräte aus.

Krefeld. Für die Staatsanwaltschaft ist die Reise der Aufsichtsratsmitglieder von SWK und Stadtwerken Willich zur norwegischen Gasförderplattform Ekofisk vor acht Jahren eine "Vorteilsannahme durch Amtsträger" - für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Stadtwerke Krefeld, Horst Hannappel, eine "typische Fortbildungsreise". Sie habe ausschließlich der Information der Organe gedient.

Der 69-jährige Pensionär sagte am Mittwoch im Prozess gegen den SPD-Ratsherrn Jürgen Hengst und Dieter F. aus - der erste ist noch im Aufsichtsrat des kommunalen Energieversorgers, der andere war es und hat keine politischen Funktionen mehr. Die beiden sind sozusagen die letzten "Aufrechten" in einem jahrelangen Verfahren. Sie haben sich geweigert, Bußgelder für eine Einstellung des Verfahrens zu zahlen und gegen die folgenden Strafbefehle Widerspruch eingelegt.

Die anderen gut 20 Amtsträger aus Krefeld und Willich (quer durch alle Parteien), die zur 30-köpfigen Teilnehmergruppe an der "gasfachlichen Informationsfahrt" gehörten, haben die Auflagen erfüllt und zähneknirschend gezahlt - vor allem, weil sie ihre Nerven schonen und es nicht auf einen "politischen Prozess" ankommen lassen wollten.

Niemals, sagt Pensionär Hannappel, sei zuvor die Idee aufgekommen, die Reise mit Charterflugzeug und Hubschrauber könnte rechtswidrig oder steuerpflichtig sein. Ebenso wenig die Idee, die damalige Ruhrgas AG (heute Eon) hätte mit der 184.000 Euro teuren zweieinhalbtägigen Reise über das verlängerte Wochenende (27. bis 29. September 2002) auf die SWK Einfluss nehmen wollen. Hannappel: "Frühzeitig war klar, dass Ehefrauen nicht mitreisen würden."

Damals war Ruhrgas daran interessiert, 25 Prozent der SWK zu übernehmen. "Das Angebot wurde später als nicht gut genug befunden", erklärt Horst Hannappel und verweist darauf, dass der Aufsichtsrat weder über den Verkauf von Anteilen zu bestimmen hatte noch Einfluss auf Gaspreise hätte nehmen können. Als damals 99,96-prozentige Gesellschafterin war die Stadt zustimmungspflichtig. Die Zusammenarbeit zwischen Krefeld und der Ruhrgas AG reicht bis in die 1930er Jahre zurück.

"Angemessen und nicht übertrieben" nennt Horst Hannappel die Weihnachtsfeier 2005 in der Zeche Zollverein in Essen, zu der der SWK-Vorstand die Aufsichtsräte eingeladen hatte. Daraus drehte die Staatsanwaltschaft den Strick der Untreue.

Unter diesem Vorwurf stehen neben Hengst und Dieter F. auch die SWK-Sekretärin Claudia K., die damals als neue Arbeitnehmer-Vertreterin im Aufsichtsrat begrüßt wurde. "Die Kosten betrugen ein Hunderttausendstel des Jahresumsatzes", erklärt der derzeitige SWK-Vorstandschef Martin Cirener als Zeuge. Niemals sei ein Gedanke daran verschwendet worden, dass die Feier strafrechtlich relevant werden könnte.

Und noch eine weitere Veranstaltung ist Gegenstand des Prozesses gegen Hengst und F.: Ein Besuch im Essener Folkwangmuseum in Dezember 2004. Die Kosten für das spätere Bankett im Sheraton-Hotel für 41 Teilnehmer betrugen 3.672 Euro. Auch diese Rechnung ging auf Kosten der Ruhrgas AG. Fortsetzung am Montag.

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