Lucke bei WerteUnion: „Merkel verantwortet Brexit“
AfD-Gründer spricht im Verberger Haus Kleinlosen über den Euro, Flüchtlingspolitik und Verteilungsschlüssel.
Krefeld. Es ist kalt in Verberg, ein Mittwochabend, das Haus Kleinlosen rappelvoll. Die Schankwirtschaft im Tagesgeschäft, der Saal auf Einladung der WerteUnion Niederrhein. Wer mit dem Auto kommt, muss ein paar Meter laufen. In Krefelds „schwärzester Gaststätte“, wie CDU-Chef Marc Blondin es noch beim politischen Aschermittwoch ausdrückt, versammeln sich gut 100 Gäste, denen das CDU-Schwarz nicht schwarz genug ist, für die die AfD aber zu weit rechts steht. Gekommen ist Professor Bernd Lucke, der die rechtspopulistische Partei 2014 gegründet hat und heute im Europaparlament für die Liberal-Konservativen Reformer sitzt.
Gastgeber Gerald Wagener lässt keinen Zweifel: „Die AfD ist eine Gruppe von intellektfreien Brüllaffen, man kann auch politische Analysen betreiben ohne Menschen zu beschimpfen.“ Immerhin habe Lucke seinerzeit gegen große Widerstände und Empörung der etablierten Politik den Boden für Andersdenkende bereitet. Das, meint Wagener, sei Lucke nicht mehr zu nehmen. Der in Teilen etwas umständlich wirkende Uni-Professor stellt das Auditorium tatsächlich vor das Rätsel, wie ein so offensichtlich reflektierter und gemäßigter Konservativer die Partei der Gaulands, Höckes, Weidels und Poggenburgs erschaffen haben soll. Erklären wird er es nicht.
Aber Lucke spricht über die Beweggründe von damals: „Ich habe nicht um die Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie und die Marktwirtschaft gesorgt, als das Parlament geradezu gedankenlos die so genannte Euroreform abgenickt hat.“ Lucke beschreibt die Problematik in einem Dreiklang, der heute noch gelte. „Verfassungs- oder Vertragskrise, Eurokrise, Asylkrise.“
Als Dorn im Fleisch der europäischen Union sieht Lucke den Lissabon-Vertag von 2005, in dessen Folge das Einstimmigkeitsgebot im Europäischen Parlament von einem „qualifizierten Mehrheitserfordernis“ abgelöst worden sei. Kurz: EU-Mitglieder können trotz berechtigter eigener Interessen überstimmt werden.
„Und das führt zu großen Spaltungen und Unzufriedenheit innerhalb der Union.“ Beispiel Brexit, den Lucke Sarkozy und Merkel persönlich vorwirft. Die „aberwitzige Politik der Europäischen Zentralbank“ und das Betreiben insbesondere Deutschlands und Frankreichs, marode Staatskassen im Kollektiv retten zu müssen, hätten insbesondere Großbritannien, das nicht zur Eurozone gehört, massiv irritiert. „Hinzu kam die Unzufriedenheit der Briten über die Gesetze zur Regulierung der Banken. „Merkel und Sarkozy haben sich aufgeführt wie der Elefant im Porzellanladen und somit den Weg bereitet für den Brexit.“ Und die Eurokrise schwele weiter, werde derzeit lediglich ruhig gehalten durch die Transferunion und die Niedrigzinspolitik.