Football „Und jetzt wie ein Mann“ – Training mit den Ravens

Krefeld · Serie Die Krefelder Footballer sind gerade Meister in der Landesliga geworden. WZ-Mitarbeiter Janis Beenen möchte gerne noch ins Team. Dafür muss er sich gegen harte Jungs behaupten. Doch das ist nicht so leicht: Manche Spieler sind mehr als 100 Kilogramm schwer.

 WZ-Reporter Janis Beenen (rotes Trikot) versuchte sich bei den Footballern der Ravens in der Offensive und Defensive – inklusive einiger Bruchlandungen.

WZ-Reporter Janis Beenen (rotes Trikot) versuchte sich bei den Footballern der Ravens in der Offensive und Defensive – inklusive einiger Bruchlandungen.

Foto: Ja/Samla

Die erste Herausforderung beim Training mit den Krefeld Ravens ist tatsächlich keine Sportliche. Zunächst muss ich die Sprachbarriere zu den American Footballern überwinden. Während sie mir ihren Sport erklären, reden sie von „O-Line“, „Interception“ und „Snap“. Bitte was? Ich komme mir vor wie bei der Ankunft am Londoner Flughafen, bei der man merkt, dass das Schulenglisch in den nächsten Tagen wohl doch nicht ausreicht. Aber gut, der Sport der Ravens ist nun mal in den USA zu Hause.

Die meisten verbinden Football wohl mit dem orange-braunen Spielgerät, da endet das Wissen schon. Ich besuche das Team, das gerade Meister der Landesliga geworden ist, ebenso ahnungslos. Im Fernsehen habe ich sicher mal in eine Übertragung des Sports gezappt und dann auch schnell wieder weg. Die Voraussetzungen könnten also besser sein. Schließlich sind die Spieler, die in der Abendsonne auf dem Trainingsplatz im Kaiser-Wilhelm-Park eintreffen, echte Kraftpakete. Doch ich möchte mich nicht einschüchtern lassen und probiere es mit großer Klappe. Getreu des Mottos: Groß denken, klein wird der Anspruch von alleine. In den letzten Wochen habe ich beim Training mit den Profis bereits beim Eishockey und beim Handball mitgemacht. „Da muss es für euch doch reichen“, sage ich zu Jörg Hintzen aus dem Trainerteam. Seine Antwort ist knapp wie direkt: „Nein.“

Trotzdem erhalte ich das rote Trikot des Quarterbacks, des wichtigsten Spielers, des Spielgestalters, des Schwarms aller High-School-Filme. Ob meine Ansage doch Eindruck hinterlassen hat? Oder wissen die Trainer dank des roten Leibchens einfach, wen sie als erstes aus dem Getümmel aufeinander zulaufender Spieler retten müssen?

Ich erwarte, dass wir gleich Würfe oder das Blocken des Gegners üben. Doch zunächst bittet Justus Heller zum Einzeltraining. Der junge Mann ist der sogenannte Punter der Ravens. Er kommt ins Spiel, wenn seine Kollegen mit Laufen und Werfen keinen Raumgewinn mehr auf dem Platz schaffen. Dann tritt Heller den Ball weit über das Feld, damit die Gegner bei ihrem Spielaufbau einen möglichst weiten Weg zurücklegen müssen. Das ist gar nicht so einfach. Auf den richtigen Anlauf komme es an, sagt Heller. Zudem muss ich das Ei mit einer Art Spannschuss wegtreten. Bei mir heißt es eher: American Football trifft Amateurfußball. Ich packe die gute, alte Picke aus und haue das Spielgerät einfach mal unkontrolliert über den Rasen. Heller ist mit den ersten Versuchen dennoch ganz zufrieden, schließlich geht es zunehmend höher und weiter. Womöglich sagt er das nur, weil seine Finger unversehrt geblieben sind. Denn bevor ein Spieler tritt, muss ein Mitspieler den Ball auf die Spitze stellen und halten. Ein Glück, dass das Duo Heller / Beenen gleich harmoniert hat.

Eine Chance hat nur, wer
sein Gewicht richtig einsetzt

Deutlich ruppiger geht es wenige Meter weiter auf dem Trainingsplatz zu. Dort arbeiten die Jungs, die oft weit mehr als 100 Kilogramm wiegen. Ihr Job ist es entweder, den gegnerischen Angriff mit vollem Körpereinsatz zu blocken, oder, bei einem eigenen Angriff, den Spielmacher nicht minder rustikal zu schützen. Zunächst üben wir an Plastikgegnern. Nur, wer sein Gewicht richtig einsetzt, hat eine Chance. Vor dem mannshohen Dummy soll ich in Schrittstellung gehen. Dann heißt es Po runter, um mit einem tieferen Köperschwerpunkt mehr Stabilität zu erreichen. Auf ein Signal müssen beide Hände an den Dummy schießen. Mit kleinen Trippelschritten sollen die anderen Spieler und ich den Kunststoffgegner wegdrücken. Den Football selber bekommen die Jungs fürs Rustikale fast nie zu Gesicht. Spielertrainer Konstantin Blaß muss es wissen. Er ist einer, der das Aufbauspiel seiner Mannschaft mit seinem Körper schützt. „Bei uns in der O-Line bekommt man tatsächlich fast nie Lob und Anerkennung“, sagt er. Dabei hätten er und seine Kollegen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Spiels.

Nach der Übung geht es ins Duell: Mann gegen Mann. Ein Abwehrbrecher der Ravens gegen einen WZ-Reporter, der gerne weglaufen würde. Doch es gilt, jeden natürlichen Fluchtinstinkt auszuschalten: Auf den Gegner zustürmen, vorbeikommen und dahinter einen aufblasbaren Quarterback umschmeißen. Nach ein bisschen Drücken und Zerren lässt mich der Gegner tatsächlich gewähren und ich schubse die Figur um. „Noch mal“, brüllt Trainer Aldo Volpe: „Und jetzt wie ein Mann.“ Wie im Spiel solle ich mich richtig auf die Figur schmeißen, statt nur zu stoßen. Also von vorne.

Nach einer knappen Stunde sehe ich das Ei doch noch mal wieder. Ich bekomme den Football unter den Arm und soll damit zwei Kontrahenten überwinden. So versuchen die Profis auf dem Feld Raum zu gewinnen. Die Mannschaft steht Spalier, manche rufen meinen Namen, der Trainer gibt das Startsignal. Mundschutz rein und los. „Lauf, Janis, lauf“, denke ich mir. Da scheppert es schon. Eine der Kanten hat mich und stürzt mich zu Boden. Trotz Helm und Protektoren für den Oberkörper ist das für den Amateur nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.

Die eine oder andere Blessur wird sicher noch ein paar Tage an das Training erinnern. Voller Einsatz, das muss doch für einen Platz im Team reichen. Wenn die Mannschaft zum letzten Heimspiel am Samstag, 14 September, ihre Meisterschaftstrophäe bekommt, möchte ich dabei sein. Trainer Hintzen bremst die Ambition. „Du hast Vollgas gegeben. Doch hier sehe ich dich erst in zwei, drei Jahren.“ Vorher solle ich besser noch mal beim Nachwuchs von der U 16 einsteigen. Abgemacht, beim Saisonfinale sehen wir uns trotzdem. Denn beim Feiern kann ich der Mannschaft ganz sicher helfen.

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