Rudern: Urban wieder reif für den Deutschland-Achter

Der Krefelder schuftet nach Auszeit und Einser-Physikum in Sevilla fürs Comeback.

Sevilla/Krefeld. Im andalusischen Ruderzentrum "Residencia de Deportistas" herrscht um die Jahreswende reges Treiben. Sportler und Sportlerinnen aus aller Herren Länder haben die Sportschule am Rande der Stadt in Beschlag genommen.

Sie kommen gerne im Winter nach Sevilla. "Das Klima ist sehr mild um diese Jahreszeit, und die Bedingungen sind ideal. Gestern waren es sogar an die 20 Grad", sagt Jochen Urban vom Crefelder Ruderclub.

Auch der 26-jährige Krefelder hat in Sevilla Quartier bezogen und ist einer von rund 50 Athleten, die bis zum 9. Januar auf Herz und Nieren geprüft werden. Denn das Trainergespann Hartmut Buschbacher und Ralf Holtmeyer will sich einen umfassenden Eindruck vom Leistungsvermögen der Athleten machen und ihrer mentalen Verfassung.

Urban: "Den inneren Schweinehund zu überwinden, ist manchmal gar nicht so einfach." Doch was tut man nicht alles für den Erfolg. Im kommenden Jahr endet die Rudersaison spät - Höhepunkt ist die Weltmeisterschaft in Neuseeland im November.

Von "Prüfungsstress" und harten Bedingungen kann Jochen Urban ein Lied singen. Denn die vergangenen Monate hat der zweimalige Sportler des Jahres am Niederrhein dazu genutzt, sein Studium energisch in die Hand zu nehmen. Der Lohn: Nach einem Einser-Physikum, dem ersten große Schritt auf dem Weg zum Humanmediziner, ist die Erleichterung groß und der Weg für den geliebten Rudersport wieder freier.

Träge fließt der Rio Guadalquivir an diesem Montag durch die drittgrößte Stadt Spaniens. Auf einem der Nebenarme des Stroms in unmittelbarer Nähe der Unterkünfte und der Bootshäuser reißen sich Sportler aus aller Welt am Riemen.

"Wer jetzt den Anschluss verliert, für den wird es schwer", sagt Urban, der sich nach seiner Auszeit in diesem Jahr einen Platz im Deutschland-Achter neu erkämpfen muss. Nur die Schnellsten und körperlich Robustesten schaffen es. Und dazu wird, wenn alles planmäßig verläuft, auch Urban gehören. Auf ihn kann die Trainergilde nicht verzichten.

Nach dem Schock von Peking 2008, als sich das Flaggschiff des Deutschen Ruder Verbands inklusive Urban sang- und klanglos verabschiedete, und einer Zeit der Intrigen und Kleinkriege, ist im Lager der Ruderer längst Ruhe eingekehrt. "Ich spüre hier in Sevilla den neuen Teamgeist", sagt Urban. Als dieser im vergangenen Jahr fürs Studium büffelte, holte sich der neuformierte Achter in Polen überraschend den Weltmeistertitel.

Jetzt werden die Karten aber wieder neu gemischt. Für die diversen Weltcups und die WM am anderen Ende der Welt schuftet der Krefelder Ruderer, was das Zeug hält. Auch an Silvester und am Neujahrstag. Auckland auf Neuseeland ist aber nur eine Zwischenstation. Bis 2012 will der angehende Mediziner auf jeden Fall weitermachen. Dann gehen in London die Olympischen Spiele über die Bühne - ist nach der Schmach von Peking Wiedergutmachung angesagt.

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