Eishockey: Olympia wird zum Heimspiel

Christian Ehrhoff hat sich nach seinem Wechsel von San Jose zu den Vancouver Canucks schnell etabliert und freut sich jetzt auf die Winterspiele.

Vancouver. Das Olympische Feuer ist derzeit quer durch Kanada unterwegs und wird in wenigen Tagen in Vancouver, vom 12. bis 28. Februar Austragungsort der Winterspiele 2010, eintreffen. Ein Hauch von Olympia weht bereits seit Monaten durch die Stadt am Fuß der North Shore Mountains, wo die Alpin-Wettbewerbe ausgetragen werden.

Ganz so weit hat es Christian Ehrhoff nicht bis zu seinem Arbeitsplatz: dem General Motors Place - die 18630 Zuschauer fassende Heimstätte der Canucks, seit Juli neuer Arbeitgeber des gebürtigen Moersers in der National Hockey League. Denn mitten im Sommerurlaub wurde der 27-jährige Eishockeyspieler davon unterrichtet, dass ihn sein damaliger Klub, die San Jose Sharks, deren Dress Ehrhoff sechs Jahre lang getragen hat, nach Vancouver transferiert hatte. "Das ist natürlich zuerst einmal ein Schock, obwohl es im Zusammenhang mit einem möglichen Trade von Danny Heatley von Ottawa nach San Jose schon das ein oder andere Gerücht geben hatte. Deshalb war ich auch nicht total überrascht", sagte Ehrhoff.

Ehrhoff hatte morgens im Kraftraum die Hanteln gestemmt, als ihn die Nachricht erreichte, er möge ins Büro von Sharks-Manager Doug Wilson kommen. "Als ich in die Geschäftsstelle kam und ins Gesicht von Dougs Sekretärin sah, mit der wir befreundet sind, wusste ich schon Bescheid", erzählt Ehrhoff, der von Wilson dann allerdings erfuhr, dass er nicht wie erwartet nach Ottawa, sondern nach Vancouver getradet worden war. Zumindest doch eine kleine Überraschung.

Nur wenig später saß er bereits im Flugzeug nach Vancouver, um die medizinische Untersuchung hinter sich zu bringen. Doch was dann vor ihm und Ehefrau Farina lag, gehört zu den eher unangenehmen Begleitumständen eines Profilebens in der NHL. Der Umzug musste organisiert werden.

Und das kurz vor Start des Trainingslagers. "Der Umzug war sicher das schwierigste. Nur eineinhalb Wochen vor Beginn des Camps, da bleibt dann nicht mehr viel Zeit, alles zu regeln", sagt der 27-Jährige. Die Ehrhoffs mussten den Hausstand in Kalifornien auflösen, die Möbel in einen Truck verladen und ein neues Domizil suchen. Fündig wurden sie mitten in Vancouver, mieteten dort ein Reihenhaus. "Einige Umzugskartons sind aber immer noch nicht ausgepackt", berichtet Ehrhoff.

Es hätte ihn schlimmer treffen können als das eishockey-verrückte Vancouver. Auch wenn das Wetter nicht mit dem in Kalifornien vergleichbar ist. Denn es regnet ziemlich oft in Vancouver. "Zuletzt 27 Tage am Stück", sagt Ehrhoff. Das schlägt schon mal aufs Gemüt. Vor allem, wenn man die Sonne über San Jose gewohnt ist.

Da tut es gut, wenn wenigstens auf dem Eis vieles nach Wunsch läuft. Der 27-Jährige hat sich schnell akklimatisiert und avancierte direkt zum Leistungsträger. Punktbester und treffsicherster Verteidiger, die beste plus/minus-Bilanz im Team - Ehrhoff ist auf dem Weg zu seiner erfolgreichsten NHL-Saison. Und viel hat nicht gefehlt zu seinem ganz persönlichen Highlight. Im Spiel am 20. November gegen die Colorado Avalanche verhinderte kurz vor Schluss nur der Pfosten den ersten Hattrick des Verteidigers.

Das nächste Highlight wartet spätestens im Februar. Dann beginnen die Olympischen Winterspiele, und Ehrhoff - davon kann man getrost ausgehen - wird dabei sein. In vertrauter Umgebung. Denn gespielt wird in der Heimarena der Canucks. "Olympia ist immer eine große Herausforderung. Aber das ist noch einmal etwas ganz Besonders. Es kommt ja nicht so oft vor, dass man quasi Heimrechthat", sagt Ehrhoff, der zwar hofft, dass der Anhang der Canucks ihn auch während Olympia unterstützen wird, allein im Kräftemessen mit Schweden sind die Sympathien verteilt. Schließlich stehen mit den Sedin-Zwillingen, Henrik und Daniel, sowie Mikael Samuelsson und Alexander Edler gleich vier Teamkollegen im gegnerischen Team. Finnland und Weißrussland sind die beiden weiteren Hürden auf dem Weg ins Viertelfinale.

Olympia vor der Haustür fordert zumindest für die Spieler der Canucks seinen Tribut. Vom 30. Januar bis 14. Februar müssen Ehrhoff und Co. in der NHL acht Auswärtsspiele bestreiten, direkt nach Olympia warten vom 2. bis 10. März sechs weitere Auswärtspartien auf das Team aus Vancouver. Da wird Ehrhoff, der mit seinen

deutschen Eishockey-Kollegen im Olympischen Dorf wohnen wird, jeden Moment nutzen, um mit Frau Farina und Töchterchen Lena zusammen zu sein. Weit hat er es dann ja nicht. Anders als auf dem langen "road trip" der Canucks. "Das ist sicher nicht einfach, vor allem nicht für meine Frau", sagt Ehrhoff. Aber das gehört zum Leben eines NHL-Profis. Doch der nächste Sommer kommt bestimmt. Und dann scheint auch in Vancouver mal wieder die Sonne.

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