Wirtschaft Lockdown trifft die Taxibetriebe hart

In Krefeld berichtet die Branche über Umsatzeinbußen von teils mehr als 60 Prozent – vor allem die Nacht- und Flughafenfahrten fehlen.

 Andreas Dreißig sagt, dass das Nachtgeschäft bei den Taxifahrten komplett am Boden liegt.

Andreas Dreißig sagt, dass das Nachtgeschäft bei den Taxifahrten komplett am Boden liegt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Im Lockdown haben auch die Taxi-Unternehmen weniger Aufträge, mit denen sie sich trotzdem über Wasser halten müssen. Das sonst lukrative Nachtgeschäft bleibt beinahe gänzlich aus, Fahrten zum Flughafen Düsseldorf sind auf ein Minimum reduziert, staatliche Hilfen reichen nicht.

„Nachts ist gar nichts los. Tagsüber hat man ein klein bisschen Bewegung, aber abends ist Totenstille“, sagt Tuncay Özdemir. Seit rund 15 Jahren ist er Taxifahrer in Krefeld, lebt davon, Menschen am Wochenende von der Gaststätte nach Hause zu bringen, Geschäftsleute zu verschiedenen Flughäfen in der Umgebung zu fahren. Jetzt haben die Lokalitäten zu, das spüre man. Auch die Privatpartys, die am Wochenende in der Pandemie mal zuhause stattfanden, blieben derzeit aus. „Es ist ein Existenzkampf geworden“, sagt der Taxiunternehmer. „Es ist ein Zufallsgeschäft. Wir stehen am Stand und wissen nicht, welche Fahrten kommen.“ Knapp die Hälfte seiner Umsätze sei weggefallen. Jetzt hofft er, dass die Bevölkerung schnell geimpft wird. Denn dann könnten die Restaurants wieder öffnen. Eine Voraussetzung für ein lukratives Taxi-Geschäft.

Eine Plexiglasscheibe hat der 51-Jährige schon seit einem Jahr in seinen zwei Fahrzeugen. Doch die Angst vor einer Infektion ist nicht das, was die geringe Zahl an Fahrgästen verursacht. „Das Nachtgeschäft ist völlig am Boden“, meint auch Andreas Dreißig. Ohne Gastronomie kein Nachtgeschäft. „Es dreht sich alles nur noch um Krankenfahrten. Das ist ein Kuchen, der war vorher genauso groß.“ Hinzu kommen höchstens ein paar wenige Impffahrten, wie Michael Knorrek berichtet. Im Januar 2020 verzeichnete das Taxi- und Mietwagenunternehmen der Familie Knorrek noch rund 18 500 Fahrten. Im Januar dieses Jahres waren es dagegen nur knapp die Hälfte. Rechne man alles zusammen, kommen Einbußen von im Schnitt 45  bis  60 Prozent zusammen.

Nicht nur die Zahl der Fahrten ist gesunken, sondern auch die Kilometer. Lange Fahrten zum Flughafen bleiben aus, weil Geschäfts- und Urlaubsreisen nicht mehr stattfinden. Die knapp 47 Autos des Familienunternehmens Knorrek seien vor der Pandemie bis zu insgesamt 90 Mal am Tag zu einem Flughafen gefahren, jetzt gebe es nur noch rund 30 Fahrten in der Woche. Die Einsatzzahl der Autos ist reduziert, maximal 30 Fahrzeuge fahren gleichzeitig. Auch Taxiunternehmer Andreas Dreißig klagt über fehlende Flughafenfahrten. Ein langjähriger Kunde, der den Flughafenservice auf seinen Geschäftsreisen ins Ausland nutzte, habe berichtet, dass die Geschäftsreisen für Monteure auch in Zukunft weniger werden könnten. Denn die Hilfe suche man sich jetzt vor Ort.

Weniger Kilometer auf dem Taxameter

Die kürzeren Fahrten hingegen hätten zugenommen, berichtet Michael Knorrek. Die würden vor allem von Menschen, die in der Pandemie nicht mit der Bahn oder dem Bus fahren wollen, wahrgenommen. Zu Beginn der Pandemie war es am ruhigsten. Mit den wärmeren Monaten aber seien nach und nach Menschen „aus den Löchern gekrochen“ – etwa Ältere, die die Zeit zuvor zuhause verbracht hatten, aus Angst das Haus nicht verließen. Die trauten sich jetzt wieder. „Die Leute wurden mutiger“, so Knorrek. Auch Dreißig hat deutlich weniger Kilometer auf dem Taxameter, stürzt sich wie viele seiner Kollegen nun auch mehr auf die Krankenfahrten. Als Selbstständiger versucht er sich einen großen Marktanteil zu erarbeiten. „Das ist dann natürlich auch immer eine Wegnahme bei anderen“, ist Dreißig sich bewusst.

Für die G. Knorrek Personenbeförderungs GmbH bedeutet die Pandemie vor allem, dass die Planung hektischer verläuft als sonst. „Man überlegt, wie viele Autos man braucht, kann nicht mehr eine Woche im Voraus planen, höchstens zwei oder drei Tage“, berichtet Michael Knorrek. Man überlege, wann man einen Mitarbeiter aus der Kurzarbeit raushole. „Die Rechnerei, wie wird man allen gerecht,  bei der Kurzarbeit darf man den sozialen Aspekt nicht vergessen“, sagt Knorrek. Viele der Mitarbeiter seien Rentner und hätten keinen Anspruch auf Kurzarbeit.

Als Solo-Selbständige haben Andreas Dreißig und Tuncay Özdemir 2020 die Soforthilfe erhalten. Dreißig berichtet, dass er nun auch die sogenannte Neustarthilfe erhalten habe – 7500 Euro. Das überschneidet sich allerdings mit der Rückzahlung der Soforthilfe des vergangenen Jahres. Denn diese müsse er bald zurückgezahlt haben, bis Ende Juni. Die Meldung dazu soll Ende März kommen. „Die Hilfe war für zwei Monate gedacht, das ganze Jahr war dann aber nicht gut“, meint Dreißig. Er ist frustriert wegen der politischen Lage, vor allem was die Hilfen angehe. Es ärgere ihn, dass man von Woche zu Woche vertröstet werde. „Durch das Vertrösten wurde man im letzten Frühjahr dazu gebracht, seinen Betrieb zu behalten und alle Ersparnisse aufzubrauchen“, so Dreißig. Einige hätten sich vielleicht ansonsten dazu entschieden, den Betrieb aufzugeben.

Nun hoffen die Taxiunternehmer auf die Impfungen. „Erst dann geht es wieder aufwärts“, meint Özdemir. Auch Dreißig findet, es müsse mehr getestet und geimpft werden. Bisher seien die Taxifahrer nicht zum Testen eingeladen worden, obwohl sie den  direkten Kontakt zu Kunden hätten.

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