Historie Linner Synagoge erstrahlt auf Bildern in bunten Farben

Krefeld · Heimatforscher Karl-Heinz Foncken lässt Ansichten zu „1700 Jahre Juden in Deutschland“ colorieren

 Karl-Heinz Foncken (r.) und Illustrator David Norman überreichten die frisch colorierten Plakate an Sandra Franz von der Villa Merländer.

Karl-Heinz Foncken (r.) und Illustrator David Norman überreichten die frisch colorierten Plakate an Sandra Franz von der Villa Merländer.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Auf dem ersten Plakat ist die Linner Synagoge in ihrer ganzen früheren steinernen Pracht abgebildet. Sie steht unversehrt vor einem strahlend blauen Himmel. Das zweite Plakat zeigt den Innenraum des Gotteshauses, auch in Blautönen gehalten und mit Erklärungen versehen. Der Linner Heimatforscher Karl-Heinz Foncken hat die beiden historischen Bilder zum Colorieren in Arbeit gegeben. Er übergab sie jetzt an Sandra Franz, der Leiterin der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer.

Anlass für das Engagement des Bürgers ist ein großes deutschlandweites Fest in 2021. Denn seit mindestens 1700 Jahren leben Juden jetzt im heutigen Deutschland. Es ist eine wechselvolle Geschichte voller Gegensätze, mit Schulterschlüssen, aber auch mit Morden und Vertreibungen. Die Synagoge in Linn wurde am 10. November 1865 eingeweiht und in der Reichskristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört.

„Ich hatte die Idee, sowohl die Außen- als auch die Innenansicht des Gotteshauses neu und vor allem farbig gestalten zu lassen“, berichtet Foncken. „Während das Foto der Außenansicht aus dem Stadtarchiv stammt, hat die Entstehung des Innenraumes eine interessante Geschichte und war weitaus schwieriger darzustellen.“

Dabei spielt die Emigrantin Doris Wilkins eine Rolle. Foncken: „Ihr gelang 1938 die Flucht von Linn nach England. 1987 ließ sie den Innenraum des Gotteshauses von einem Architekten aus dem Gedächtnis heraus rekonstruieren. Nach fast 50 Jahren war das keine einfache Aufgabe.“

Grundriss der Synagoge
bildet die Grundlage

Grundlage waren zudem der bei einer Grabung des damaligen Museumsleiters Christoph Reichmann freigelegte Grundriss der Synagoge und noch erhaltene Fotos von 1938, auf denen die genaue Anordnung der Fensterrahmen und der zwei Säulenreihen abgebildet sind. Außerdem zeigt der Raum unter anderem Bänke und Gebetpulte, Thoraschrein und Frauengalerie. Aus diesen Einzelteilen hatte Reichmann eine ziemlich genaue Rekonstruktion des Innenraumes geschaffen.

Sandra Franz freut sich über die beiden Werke, die sie für die Villa Merländer geschenkt bekommt: „Wir werden sie nach unserer Sonderausstellung ,Geschichte in Objekten’, die jetzt läuft, sofort ausstellen. Die Plakate sind Zeugnis der ermordeten jüdischen Bevölkerung und der zerstörten jüdischen Gemeinde.“

Es gebe bereits ein Foto der großen früheren Synagoge an der Marktstraße im Haus, berichtet sie weiter. „Diese beiden Plakate werden daneben aufgehängt. Sie sind bereits gerahmt und zeigen, dass es schöne jüdische Gotteshäuser in Krefeld gegeben hat. Farbig dargestellt wirken sie nun plastischer und realer.“

Für die Farbe zeichnet der Meerbuscher Illustrator David Norman verantwortlich. „Ich habe rund 30 Stunden daran gearbeitet. Die Illustration hat viel Spaß gemacht“, sagt er. „Ich habe in meinem Berufsleben schon viele Aufträge ausgeführt. Eine Synagoge war noch nicht darunter.“

Die beiden Bilder werden jedoch nicht nur in der Villa Merländer zu sehen sein. Sie kommen als Erinnerung in kleinerem Format und mit einem Text samt QR-Code versehen an die Häuser, die nun an Stelle der früheren Synagoge stehen.

Karl-Heinz Foncken hat bereits viele historische Häuser in Linn mit Hilfe des Bürgervereins und der Arbeitsgemeinschaft Flachsmarkt mit Infotafeln versehen. So werden alte Giebel, gepflegtes Fachwerk oder Gebäude mit Historie wie vom Torwächterhäuschen, Drenkerhof oder Küsterhaus beschrieben. An die Linner Synagoge erinnert ansonsten heute nur noch eine Gedenkplatte auf dem Gehweg.

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