Lexikon der Fußball-Anekdoten

Ben Redelings ist mit seiner Sammlung teils irrwitziger Geschichten zu Gast im Südbahnhof und verblüfft selbst langjährige Fans.

Lexikon der Fußball-Anekdoten
Foto: Dirk Jochmann

Rund 50 Fußballfans hatten sich bei strömendem Regen auf den Weg in den Südbahnhof gemacht. Sie mussten es nicht bereuen, denn Ben Redelings ist ein wandelndes Lexikon der Fußball-Anekdoten. Keiner weiß besser als er, dass Fußballer Philosophen sind. Seine Sammlung teils irrwitziger Geschichten rund um Ball und Globus verblüfft selbst langjährige Fußballfans. „Ben Redelings ist der Chronist des Fußball-Wahnsinns. Er kennt sie alle, die Geschichten der Genies und der Malocher, der Durchgeknallten und der Gernegroßen“, sagt WDR-Radioreporter-Legende Manni Breuckmann über ihn.

Fast alle der Anekdoten sind schon älter, was Anlass zu Spekulationen gibt. Möglicherweise gab es früher mehr Typen, wenn man an Spieler wie Thorsten Legat oder George Best denkt. Durchgeknallte halt, die noch nicht von den heutigen PR-Abteilungen ihrer Clubs mundtot gemacht worden sind und stattdessen nur noch Worthülsen absondern.

Einer der meist zitierten Sprüche stammt laut Redelings von George Best, einem der begnadetsten Fußballer aller Zeiten. „Ich habe viel Geld für Frauen, Autos und Alkohol ausgegeben, den Rest habe ich verprasst.“ Best habe einst mit einem Sportjournalisten vor dem Spiel gewettet, dass er ein Solo über das gesamte Spielfeld hinlegen wolle, um zum Ende Gegenspieler Johan Cruyff — einem anderen Großen seiner Zunft — den Ball durch die Beine zu spielen.

Sprach es und vollendete seine Vorhersage fünf Minuten nach Spielbeginn, um dem Reporter per Handbewegung zu bedeuten, dass dieser verloren habe. Best wurde frühzeitig ausgewechselt.

Kultkicker und Macho Thorsten Legat, einst einer der härtesten Hunde der Bundesliga, soll damals auf ein Poster, das seinen farbigen Teamkollegen Pablo Thiam mit einer Trinkflasche zeigt, das Wort „Negersaft“ gekritzelt haben. „Er war ein Sprücheklopfer vor dem Herrn“, sagt Redelings und zitiert ihn. „Ich habe mich von meiner Kompetenz beirren lassen.“ Legats Offenheit und Schlagfertigkeit brachte ihm Gastspiele in RTL-TV-Sendungen wie Dschungelkamp ein. Heute verdingt sich der Mann mit dem großen Ego als Trainer in unteren Spielklassen.

Übergroßes Ego kann bis zur Selbstüberschätzung oder gar zum Größenwahn reichen. Beispiel Mario Balotelli: „Ich bin intelligenter als die Norm, nur ich kann es nicht beweisen. Ich bin nicht verrückt, ich mache nur manchmal seltsame Dinge.“ So setzte der Skandalfußballer und italienische Ex-Nationalspieler den Bentley seines Beraters zunächst gegen eine Mauer, um ihn kurz danach im Hafenbecken zu versenken.

Ähnlich egozentrisch ist der schwedische Nationalspieler Zlatan Ibrahimovic, allerdings intelligenter und mit viel Herz. Zu seinem damaligen, vor dem Spiel angespannten Trainer Carlo Ancelotti: „Glaubst Du an Jesus? (Antwort: Ja, natürlich.) Sehr gut, dann glaubst Du auch an mich. Du kannst dich jetzt entspannen.“ Als ein Journalist ihn fragte, woher die Kratzer in seinem Gesicht kommen, antwortete er spontan: „Fragen Sie mal Ihre Frau.“

Entgegen seiner Ankündigung, in knapp zwei Fußball-Halbzeiten sein Programm „Als die Axt den Toaster warf“ (siehe Kasten) abzuspulen, brauchte Ben Redelings letztlich doch ein gutes Stück länger. Das lag unter anderem daran, dass er alle erdenklichen Fußballgrößen zu Wort kommen ließ — von „Kaiser“ Franz Beckenbauer („Die Frauen im Stadion haben sich vermehrt“) über Andy Möller („Egal ob Mailand oder Madrid — Hauptsache Italien“) und dem Schiedsrichter-Guru Walter Eschweiler bis zur Sportreporterlegende Rolf Töpperwien, der die Fußballnation mit der Art seiner Berichterstattung wie kein anderer gespalten hat.

Letzterer soll auf ZDF-Papier bei einem Münchener Bordell seinen Einspruch gegen die Höhe der Rechnung über 4000 D-Mark eingereicht haben, was in vielen Gazetten zur Schlagzeile des Jahres wurde.

Der sympathische Gastgeber Ben Redelings erzählt seine Geschichten etwas langatmig und „verdaddelt“ mitunter die Pointen. Ein Schuss mehr Entertainment, und der Abend hätte noch kurzweiliger sein können. Unterhaltsam war er allemal — gemessen am Applaus des Publikums.

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