Leben wie in einer Wohngemeinschaft

Seit Dienstagabend haben 60 Bewohner des Altenheims am Tiergarten eine neue Unterkunft. Die Umsetzung hat 5,5 Millionen Euro gekostet.

Bockum. Es hämmert, klopft, und Maschinen kreischen im neuen Altenheim am Tiergarten an der Rote-Kreuz-Straße. Dazwischen schieben Helfer und Angestellte der Evangelischen Altenhilfe Krefeld unermüdlich Rollwagen mit Umzugsutensilien vom benachbarten alten Gebäude ins neue. Dort werden die Büros des Personals bezogen und das Hab und Gut der 60 Bewohner in ihre modern eingerichteten Einzelzimmer gebracht. Am Dienstagabend endet mit dem ersten Abendessen in den gemeinsamen Wohnküchen dann der aufregende Umzug für die Senioren, von denen mehr als 80 Prozent demenzkrank sind. Ihr neues Heim soll zukünftig Karl-Bednarz-Haus heißen.

Geschäftsführer Jens Drießen, Einrichtungsleiter Michael Lenzen und Architekt Joachim Moldenhauer erläutern das Projekt, das neue Wohn- sowie Pflegemaßstäbe setzt und nach dem jetzigen Neubau und Umzug gleich in die zweite Bauphase geht. Denn der Investition von 5,5 Millionen Euro folgt ab nächster Woche gleich der Abriss des alten Gebäudes — und danach ein weiterer Neubau für weitere 80 Einzel- und Doppelzimmer für 6,5 Millionen Euro. Diese Eröffnung ist für März 2020 vorgesehen. Dann werden insgesamt 140 Betten zur Verfügung stehen.

„Nötig geworden sind die Großprojekte durch Gesetzesänderungen des Landes NRW“, erklärt Drießen. Danach ist eine Quote von 80 Prozent Einzelzimmern und nur noch 20 Prozent Doppelzimmern vorgeschrieben. Außerdem müssen alle Zimmer einen direkten Zugang zu Bad und WC haben.

Der Neubau wurde genutzt, um ein zeitgerechtes Wohn- und Pflegekonzept für alle Bewohner umzusetzen. Dieses berücksichtigt räumlich ein Zusammenleben und bietet für die Demenzkranken die Möglichkeit, sich innerhalb des Stockwerks tagsüber wie nachts offen über alle Flure bewegen zu können. Es gibt nicht nur eine Cafeteria, sondern auch ein Nachtcafé und ein kleines Programm für solche, die nachts nicht schlafen können. Alle Bewohner können am Tagesprogramm teilnehmen, das feste Elemente wie Gedächtnistraining, aber auch wechselnde Veranstaltungen wie Schwimmen, Kegeln oder Ausflüge enthält.

Zentraler Raum ist für je zehn Bewohner eine Wohnküche, in der alle Mahlzeiten gemeinsam eingenommen werden. Frühstück und Abendessen werden vor Ort zubereitet — auch mit Hilfe der Bewohner. Gelegentlich wird abends auch zusammen etwas gekocht oder eine Pizza gebacken. Das Mittagessen wird wie bisher in einer zentralen Küche der Altenhilfe gekocht und im Altenheim endgegart. Die Küchenchefin berücksichtigt die Vorlieben ihrer Klientel wie Hausmannskost.

Von den Gemeinschaftsküchen aus besteht durch eine Glastür jederzeit Sichtkontakt in den anliegenden Personalraum. Rund um jede Küche sind zehn Einzelzimmer angeordnet. Da zwei Wohnküchen nebeneinander liegen, können sie bei Bedarf zu einem Gruppenraum vereint werden. Die Einzelzimmer sind hell, freundlich und praktisch möbliert. Ein modernes Alarm- und Meldesystem dient nicht nur den Bewohnern, sondern zeigt auch dem Pflegepersonal, aus welchem Zimmer ein aktueller Notruf kommt.

Das Angebot erfordert viel Personal. „Mit mehr als 80 Beschäftigten für 60 Bewohner haben wir einen überdurchschnittlich hohen Personalschlüssel und mit 85 Prozent Fachkräften allein für die Pflege einen Spitzenwert“, sagt Lenzen. Der Gesetzgeber verlange nur 50 Prozent. Zu den Fachkräften kommen noch einmal zehn Auszubildende in der Pflege, dazu weitere in anderen Berufen und zehn Mitarbeiter im freiwilligen sozialen Jahr. Außer den Mitarbeitern im Zweischichtdienst gibt es welche, die freiwillig nur Nachtdienst machen. Eine neue Stelle kommt aus dem neuen „Personaltopf“ des Bundesgesundheitsministers.

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