Landwirte bangen um Butterpreis

Die Milchwirtschaft rechnet mit einem Rückgang. Die Verbraucher wird’s freuen. Bauern wie die Traarer Familie Schulte-Bockholt nicht.

Landwirte bangen um Butterpreis
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Die Milchkrise ist vorbei. Der Markt hat sich im vergangenen Jahr aus Sicht der Milchwirtschaft positiv entwickelt. Und zwar im Wesentlichen, weil die Butterpreise mit zum Teil fast zwei Euro pro Pfund auf einem Höhenflug waren. Für 2018 sagte Rudolf Schmidt, Geschäftsführer der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW mit Sitz in Krefeld, allerdings „eher trübe Aussichten“ voraus. Bereits Ende des vergangenen Jahres habe es erste Zeichen für einen schwächeren Markt gegeben.

Während für die Verbraucher damit voraussichtlich gegen Mitte des Jahres preiswertere Milchprodukte — vor allem Butter — in den Regalen von Discountern und Supermärkten liegen werden, gibt es für die Landwirte mit Milchviehbetrieben wieder weniger Geld für den Liter Milch. 2017 waren es im Schnitt 36,2 Cent. Bis April werde sich der Preis, den die Molkereien auszahlen — auch wegen bestehender Verträge — wohl noch halten. Danach rechnet man bei der Landesvereinigung (LV) der Milchwirtschaft mit etwa drei oder vier Cent weniger.

Für Landwirte wie Karl-Heinz und Ulrike Schulte-Bockholt aus Krefeld sind das schlechte Nachrichten. 35,9 Cent pro Liter bekam die Familie, die den Kliedter Hof am Papendyk seit 1990 in zweiter Generation führt, im vergangenen Jahr im Schnitt von der Molkerei. „Damit kann man ein paar Löcher stopfen, aber das ist nicht kostendeckend“, sagt die 58 Jahre alte Traarerin, die nicht glaubt, „dass sich der Preis endgültig erholen wird.“

Seit etwa zehn Jahren gibt es beim Auszahlungspreis Sprünge, wie es sie in 30 Jahren zuvor nicht gegeben hat — auch durch das Ende der Milchquotenregelung. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. In diesem Auf und Ab beobachtet Ulrike Schulte-Bockholt, wie andere Landwirte „sobald die Preise anziehen auf Teufel komm raus produzieren“. Das Angebot steigt, für die Erzeuger gibt es weniger Geld — wie es auch in diesem Jahr von der Landesvereinigung wieder erwartet wird.

Die Traarerin findet das Verhalten der Kollegen problematisch, kann auf der anderen Seite auch verstehen, dass sie so reagieren. „Viele haben nach Abschaffen der Quote Schulden gemacht, die sie nun loswerden müssen.“ Damals sei von allen propagiert worden: „Produziert so viel Milch wie möglich, wir können exportieren, wir brauchen große Betriebe“, blickt sie zurück. Dann kamen 2015 und 2016 wirtschaftlich schwere Jahre — die sogenannte Milchkrise — mit Auszahlungspreisen von 29,4 und 26,8 Cent pro Liter.

Nachdem auch am Niederrhein vor drei, vier, fünf Jahren überall auf Höfen Baukräne gestanden hätten, wie sich LV-Geschäftsführer Rudolf Schmidt erinnert, hätten 2015 und 2016 „tiefgreifende Spuren“ hinterlassen. Das zeigt sich beispielsweise in der Zahl der seitdem geschlossenen Höfe von Milchkuhhaltern. 2016 hörten zehn Prozent auf, 2017 waren es bis zum November nach einer Zählung des Statistischen Landesamts noch einmal 5,4 Prozent. In NRW gibt es jetzt noch rund 5600. Und die Verbliebenen stünden vor erneuten großen Investitionen, so Schmidt, „von 50 000 bis 150 000 Euro wegen der neuen Düngeverordnung“.

Zu sehen, wie andere aufgeben müssen, und selbst Konsequenzen der Krise zu erleben, bezeichnet Ulrike Schulte-Bockholt als „psychische Belastung“. Erst recht, da die nächste Generation schon in den Startlöchern stehe. Zwei ihrer Kinder, die Söhne Paul und Jacob, möchten den Hof irgendwann gerne übernehmen.

In der schweren Zeit hätten sie „im Grunde alles zurückgeschraubt, was ging“, keine Investitionen mehr getätigt, Kühe abgeschafft, auf Sparflamme gearbeitet. „Zum Glück haben wir noch andere Standbeine, das hat sich als zukunftsfähig erwiesen“, sagt die Landwirtin, die mit ihrem Mann noch eine Pferdepension, eine Partyscheune und seit fünf Jahren eine Milchtankstelle betreibt. „Viele Kollegen haben uns immer für verrückt erklärt, weil wir das auch noch machen“, sagt das Paar, das im Schnitt mindestens 15 Stunden am Tag arbeitet. „Wir sind aus der Krise nicht mit null rausgegangen, aber wir haben überlebt.“

An der Milchtankstelle auf dem Hof, an der sich jeder das Getränk frisch selbst zapfen kann, hat sie nicht nur aus finanziellen Gründen Spaß. „Das ist etwas, das einem Freude bringt, weil die Kunden erzählen, wie lecker sie die Milch finden und wir Freude haben, ein supergutes Lebensmittel zu erzeugen.“

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