Zoom von der Masse zum einzelnen Menschen

Experimentelles Musiktheater nach Franz Kafka feiert heute Premiere.

Krefeld. Man stelle sich die Tribüne eines Fußballstadions vor. Aus der Ferne wirken die Menschen, die dort stehen, wie eine bunte Masse. Sie löst sich erst auf, wenn man näher herantritt. Plötzlich werden einzelne Personen sichtbar. „Dieser Zoom ist die Grundbewegung in unserem Stück“, erklärt Christian Grammel, dessen Arbeit „Josefine“ heute ihre Krefelder Premiere im Stadttheater erlebt.

Die Produktion, die nur durch eine Förderung des Fonds Experimentelles Musiktheater realisiert werden konnte, gehört einem schwierigen Genre an. Neue Musik lässt gewöhnliche Theaterbesucher in Scharen flüchten. In diesem Fall scheinen sich die vorauseilenden Bedenken in Grenzen zu halten. Alle drei Vorstellungen im großen Haus sind so gut wie ausverkauft. Für heute, 20 Uhr, gibt es noch Restkarten.

Der Ursprung von „Josefine“ liegt in einer Erzählung von Franz Kafka. Darin tritt eine einzelne Maus aus ihrem Volk heraus und als divenhafte Sängerin auf. Diese Vorlage hat Textdichter Björn SC Deigner weitgehend „übermalt“, wie Grammel sagt: „Es geht uns um Masse und Individuum in der digitalen Gesellschaft.“

Die Musik des Paraguayaners Sagardia liefert dazu „Rohstoffklänge“, gespielt vom 16-köpfigen Orchester. Auch ein Laienchor mit 50 Sängern ist an der Produktion beteiligt. „Es entsteht eine Klangfront, die sich mit der Zeit in Schichten auflöst“, sagt Christian Grammel. Bühnenbildnerin Agnes Fabich liefert dazu Videosequenzen und abstrakte Kulissen. „Der Zuschauer muss sich im Gewimmel selbst den Weg bahnen“, erklärt Grammel.

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