Kunst in Krefeld Yury Kharchenko im Krefelder Kunstverein

Krefeld · Die teilweise problematischen Arbeiten des deutsch-russischen Künstlers Yury Kharchenko sind bis 1. Mai in Krefeld zu sehen – Versuch einer Ausstellungsbesprechung.

 Yury Kharchenko vor zwei seiner „Auschwitz“-Arbeiten im Krefelder Kunstverein.

Yury Kharchenko vor zwei seiner „Auschwitz“-Arbeiten im Krefelder Kunstverein.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Auch wenn es immer wieder passiert – und bisweilen aus nachvollziehbaren Gründen –, ist es unklug, pauschale Urteile über Kunst zu formulieren. Denn wenngleich es absolute Merkmale für gelungene oder weniger gelungene Kunst geben mag, ist der Betrachter, aber auch der Kontext, sowohl örtlich als auch zeitlich, ein zentraler Faktor. Für den einen kann etwas verstörend oder abstoßend sein, für den anderen reizvoll, zum Nachdenken anregend. Eine Kunst mag zu einer bestimmten Zeit eine legitime Gegenposition zum Mainstream darbieten, in einer anderen Zeit deplatziert oder gar epigonal wirken. In einem Kontext wirken bestimmte Arbeiten erfrischend naiv und dekorativ, in einem anderen müssen sie dem harten Verdikt des Kitschvorwurfs standhaltend als misslungen apostrophiert werden. Je nachdem, welche Maßstäbe man ansetzt, ändert sich der Blickwinkel. Zumeist setzt sich gute Kunst durch und hat eine zeitlose Qualität.

Nun, die Ausstellung des russisch-deutschen Künstlers Yury Kharchenko im Krefelder Kunstverein ist ein spezieller Fall, in dem genau diese Aspekte eine intrikate Rolle spielen. Kurz: Seine Kunst kann teils als sehr provokant, fast schon als geschmacklos aufgefasst werden, aber auch als legitime kritische Provokation; andere Werke wiederum von ihm können sowohl unter die Kategorie eines schönfärberischen Kitschs fallen, aber auch als gelungene Farb- und Formkompositionen mit „romantisch-jugendstilhaften“ Farbverläufen durchgehen. Je nach Perspektive und Maßstab. Manche Arbeiten, wie etwa zwischen Neoexpressionismus und Spätromantik changierende Porträts flüstern in gedeckt satten Tönen eine erstaunlich feinsilbige Sprache. Sein Bilderzyklus zu Superhelden-Gestalten oder Disney-Figuren vor den Toren – oder symbolhaft gewordenen „Merkmalen“ – des Konzentrationslagers Auschwitz, oft übersät mit bunten, grellen, nicht selten zerstörten Davidsternen, schreit förmlich. Will vielleicht verletzen und tut dies auch ungeniert. Andenken an den Holocaust oder auch religiöse Symbole wie der Davidstern werden in einen problematischen ästhetischen Kontext gebracht – spricht man mit dem Künstler, so betont er aber, er wolle hiermit gegen für ihn störende Arten der Gedenkkultur demonstrieren. Er kann dazu im Gespräch überlange Erläuterungen beisteuern. Es mischen sich bei ihm Kritik an Doppelzüngigkeit, aber auch an politischen Kontexten, mit einer aus seiner persönlichen Sinnsuche erwachsenen Haltung. Yury Kharchenko besinne sich in seiner Kunst auf seine eigene jüdische Identität. Er ist Enkel von Herschel Grynszpan, der den Nazi Attaché Ernst vom Rath erschoss, was Hitler als Vorwand für die Reichspogromnacht nahm.