Weben und weben lassen

Im Haus der Seidenkultur lernen Kinder in einer Woche viel über Stoffe und altes Handwerk.

Weben und weben lassen
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. In der Museumsküche blubbert ein dunkelblauer Sud in einem Topf, in einem anderen ein dunkelroter. Franziska Schütze, Textillaborantin im Ruhestand, drückt mit einem Kochlöffel ein zusammengeschnürtes Stoffpäckchen tiefer in die Brühe.

Es ist Tag 2 des Ferienworkshops „Seiden und Mee(h)r“ im Haus der Seidenkultur. Heute steht für die neun Kinder Shibori — eine indische Färbetechnik — auf dem Programm. Dafür haben sie weiße T-Shirts mit dicken Baumwollfäden an ausgewählten Stellen fest zusammengebunden. Das soll relativ gerade Linien ergeben, die kaum Farbe annehmen. Um Kreise zu erreichen, binden die Kinder Glasmurmeln in das T-Shirt.

„Stramm wickeln!“ Diesen guten Tipp hört man immer wieder an dem großen Arbeitstisch. Wer mit dem Abbinden fertig ist, kann sich mit einem kleinen Imbiss stärken, den die ehrenamtlichen Mitarbeiter vorbereitet haben. Es scheint nötig: „Ich brauche gerade einen totalen Energieschub“, meint ein Junge.

Am ersten Tag des Ferienkurses haben sich die sieben- bis zwölfjährigen Kinder mit Seide beschäftigt. Christel Naber, ehemalige Berufsschullehrerin für Textil- und Bekleidungstechnik, schildert das abwechslungsreiche Programm der fünf Tage. Es bringt den Kindern die Naturfasern näher, unter anderem in Form von Filmen über die Seidenraupe oder den Weg der Wolle vom Schaf zum Pullover.

Jeden Tag ist natürlich auch Kreativität gefordert. Da werden Seidenprodukte bemalt, ein Bild in Filztechnik wird hergestellt, ein kleiner Teppich gewebt. Nach der praktischen Arbeit an den T-Shirts geht es mit Christel Naber hinauf in den Websaal zu den historischen Webstühlen. Die neunjährige Leonie darf sich auf eine Bank setzen, denn sie hat schon Erfahrung. „Handwebmeister Günter Oehms hat mir das beigebracht“, erzählt sie. „Ich habe vor fünf Jahren erstmals zugeguckt und mit acht Jahren erstmals selbst gewebt.“

Damit das Karomuster der Geschirrtuchreihe, die auf dem Webstuhl gerade entsteht, auch stimmt, liegt ein winziges Zettelchen auf der Webbank. Zwei aufgezeichnete blaue Linien zeigen, wann die Farbe gewechselt werden muss. So professionell Leonie die Pedale auch bedient, das Schiffchen hin und her schiebt und den Kettfaden fest andrückt — mit Weberei oder Textilien möchte sie sich später beruflich nicht beschäftigen. Aber eines weiß die Neunjährige jetzt schon: „Wenn ich Rentnerin bin, möchte ich auch hier im Haus der Seidenkultur arbeiten. Meine Oma macht das schon seit ungefähr zehn Jahren.“

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