Vorschau: Das TAM bringt Hörspiele auf die Bühne

Theaterleiter Pit Therre wagt sich in der neuen Spielzeit an ungewöhnliche Formate.

Krefeld. Warum nicht mal etwas machen, was es als Bühnengattung gar nicht gibt? Diese Frage wird sich kaum ein Theater stellen. Aber es gibt ja das Fischelner Theater am Marienplatz (TAM) und seinen neugierigen Leiter Pit Therre. Die kommende Spielzeit haben Therre und sein Ensemble mit dem Thema „Szenisches Hörspiel“ überschrieben.

Da werden also Arbeiten, die für die Ausstrahlung durch den Rundfunk konzipiert sind, in Bilder und Szenen übersetzt, in Aktionen im dreidimensionalen Raum der Bühne.

Wie in jeder Spielzeit wechselt das Programm im TAM monatlich, gespielt wird jeden Freitag ab 22 Uhr. Los geht es am 6. September mit einer „Parallelmontage“. Werner Klüppelholz, Herausgeber der Schriften Mauricio Kagels, eines der Stammautoren des TAM, hat unter dem Titel „Richard Wagner auf den Spuren von John Cage“ zwei auf den ersten Blick unvergleichbare Komponisten einer Betrachtung unterzogen — und Gemeinsamkeiten gefunden. Man kann also gespannt sein.

„Die Maschine“ des französischen Autors Georges Perec ist ein Klassiker des sogenannten Neuen Hörspiels. Eines der berühmtesten Gedichte der deutschen Literatur, „Wanderers Nachtlied“ von Goethe wird hier im wahren Wortsinn auseinandergenommen und immer wieder neu zusammengesetzt. „Die Maschine“ läuft im TAM zum ersten Mal am 4. Oktober.

Die Eroberung Mexikos durch die Spanier zu Beginn des 16. Jahrhunderts ist Gegenstand des Hörspiels „Die Umkehrung Amerikas“ von Kagel. Dieses Werk steht schon lange auf der Inszenierungs-Wunschliste von Therre und wird wahrscheinlich die opulenteste Aufführung dieser Spielzeit im TAM werden. Zu sehen ist sie ab 8. November.

Im Dezember 1963 begann der erste Frankfurter Auschwitzprozess. Im kommenden Dezember jährt sich das Ereignis zum 50. Mal. Peter Weiss hat aus den Prozessprotokollen sein Stück „Die Ermittlung“ zusammengestellt, ein bedeutendes Werk des dokumentarischen Theaters, das auch als Hörspiel verarbeitet wurde. Therre wird ab 6. Dezember zwar eine Strichfassung präsentieren, aber alle elf Gesänge des Oratoriums werden auf die Bühne gebracht. Das Personal ist so umfangreich, dass das Ensemble um weitere Spieler ergänzt werden muss.

Im kommenden Jahr setzt sich die Spielzeit fort mit der grotesken Komödie „Sie werden mir zum Rätsel, mein Vater“ von Konrad Bayer und Gerhard Rühm (Januar) und „Spazieren mit Robert Walser“ von Urs Peter Schneider (Februar). Im März folgt „Das Röcheln der Mona Lisa“ von Ernst Jandl, im April „Geblendeter Augenblick — Anton Weberns Tod“ von Gert Jonke. Im Mai nächsten Jahres endet die Spielzeit mit Franz Mons „Hören und sehen — vergehen“.

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