Villa Goecke: Wenn Bilder atmen lernen

Die Arbeiten von Arvid Boecker entstehen in Schichten. Beim Malen lässt er ungewöhnliche Farben aufeinander knallen.

Villa Goecke: Wenn Bilder atmen lernen
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Er braucht das Malen wie die Luft zum Atmen. Was bei anderen vielleicht pathetisch klingt, kommt bei Arvid Boecker, Jahrgang 1964, sehr authentisch rüber. Ernsthaft und konzentriert wirkt der große schlanke Mann im Gespräch. Was er über seine Arbeit sagt, klingt ehrlich und genau überlegt.

„Atmen“ lautet der schlichte, einprägsame Titel seiner Ausstellung, die derzeit in der Villa Goecke zu sehen ist. Seit 2005 ist es bereits die dritte Schau, die Galerist Ralph Kleinsimlinghaus dem in Heidelberg lebenden Künstler widmet. Ganz neu sind die jetzt gezeigten Arbeiten, eine konsequente Weiterentwicklung seines Werkes.

Zu sehen sind groß- und kleinformatige Bilder, die sich aus kontrastreichen Farbflächen zusammensetzen. Durch mehrschichtigen Auftrag, der mit der Rakeltechnik immer wieder bearbeitet wird, entstehen unterschiedlich große Farbfelder, deren Grenzen fließend sind.

Während in älteren Arbeiten die Farben in feste Strukturen aus Streifen oder quadratischen Feldern gefügt sind, befreien sie sich jetzt mehr und mehr von diesem formalen Zwang. Für den Künstler selbst ist es wie eine Versuchsanordnung, und dazu passt, dass er den einzelnen Bildern fortlaufende Nummern gegeben hat. So kann er sie selbst in eine Abfolge einordnen, sie bewerten und dann überlegen, wie es weitergeht. Vor allem die kleinen Formate dienen ihm zum Experimentieren, er selbst nennt sie „spontaner und ehrlicher“ als die großen — und sie hinterlassen auch einen stärkeren Eindruck.

Die Großformate dagegen erfordern nicht nur aufgrund der aufwendigen Technik einen längeren Entstehungsprozess, sie sind von mehr Planung und bewussten Entscheidungen begleitet. „Ich lerne über das Machen“, sagt der Künstler bescheiden.

Neben der zunehmenden Auflösung von Grenzen gibt es auch nach wie vor eine erkennbare Struktur aus homogenen Feldern, die sich wie Bausteine zusammenfügen. Dabei knallen ungewöhnliche Farben aufeinander. Neben zarten Beige- und Brauntönen gibt es kräftiges Türkis, leuchtendes Orange oder auch fast kitschiges Rosa.

Durch das Abkratzen der vielen Schichten, aber auch durch Verschütten von Farbe entstehen interessante Binnenstrukturen. Manchmal sind diese nur als schmale Streifen neben einem knalligen Farbfeld zu erkennen, manchmal breiten sie sich auch großflächiger aus.

Das jüngste Bild der Ausstellung zeigt mit einem weitgehenden Verzicht auf Farbe einen weiteren spannenden Versuch des Künstlers. In den feinen Abstufungen von Weiß, Beige und Cremetönen sei es ihm um eine angesichts seiner Maltechnik höchstmögliche Reduktion von Farbe gegangen, sagt er.

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