Tanz: Schon ist die Gegenwart vorbei

Bei „Suisse en suite“ war der Japaner Hideto Heshiki zu Gast.

Krefeld. So geht das also. Ein Tänzer muss sich nur auf die Musik einlassen und schon gelingt ihm eine packende Performance, die ihre Kraft ganz in der Gegenwart des Moments zu bündeln scheint. Hideto Heshiki, in der Schweiz lebender japanischer Choreograf und Tänzer, machte das am Freitag in der Fabrik Heeder vor, wo er in der Reihe "Suisse en suite" mit einem Solo und einem Trio gastierte. So geht das also? So einfach ist es natürlich nicht.

Wie viel Arbeit dahinter steckt, lässt sich nur erahnen. Formal ist auffällig, dass Heshiki die Musiker bewusst integriert. In seinem Solo "Dawn" sitzt er zunächst mit den Gitarristen Maria Efstathiou und Christian Buck auf Stühlen. Heshiki wippt zunächst nur mit, erst später nutzt er den Raum vor den Musikern.

Steve Reichs minimalistische Komposition "Electric Counterpoint" reiht sich kaum verändernde kleine Motive aneinander, doppelt sie, variiert sie schleichend. Heshiki greift das in seiner Choreografie auf. Er reiht kleinste Bewegungen schnell aneinander, andererseits setzt er langsam größere Schwünge ein.

Die unglaubliche Gegenwärtigkeit der Performance entsteht durch die Unmittelbarkeit, mit der Heshiki seinen Körper auf die Musik reagieren lässt. Beinahe erscheint der Tanz improvisiert.

Diese Wirkung entsteht zunächst auch in dem Trio "Tale 2 of Sympathetic Vibration", in dem sich Nurya Egger und Félix Duméril als Tänzer zu ihrem Choreografen gesellen. Der Pianist Alex Goritzki und Christian Buck, diesmal am E-Bass, spielen live ein Stück von sich selbst, das wie eine Improvisation wirkt.

Dass alle zusammen, Musiker und Tänzer, nicht improvisieren, wird spätestens bei Simultan-Passagen im Tanz klar. So etwas entsteht nicht spontan. Es ist bewundernswert, wie die drei Tänzer überwiegend ihre eigenen Wege gehen und trotzdem ein dynamisches Beziehungsgeflecht entwickeln. Dessen Dichte ist bei allem Auseinanderstreben der beteiligten Individuen frappierend.

Ist man sonst dazu verdammt, rhetorisch zu fragen: "Gegenwart, wann war das?", ist hier ausnahmsweise eine Antwort möglich. Ganz spürbar war sie, die Gegenwart, die Hideto Heshiki und seine Ensemble in der Fabrik Heeder erzeugten - und schon ist sie wieder vorbei.

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